Menschen

Porträt

Daniel Puglisi und Samuele Mariani

Rot, robust und richtungsweisend

Daniel Puglisi und Samuele Mariani kümmern sich in unterschiedlichen Rollen in unserer noch jungen Business Unit Vegetables um das fragmentierte Tomatengeschäft. Die beiden Italiener erläutern, wie wichtig interner Austausch und Innovation sind.

Daniel Puglisi (links) und Samuele Mariani haben ein Auge darauf, wie sich unsere Tomaten entwickeln.

Wenn Züchter Samuele Mariani mit seiner Tochter einkaufen geht, fragt sie gelegentlich: „Papa, sind das deine Tomaten?“ Samuele schaut dann zum Beispiel auf die Sorte San Marzano im Regal. Entweder hat die Frucht wie so häufig eine gelbliche Färbung am Stielansatz. Oder sie ist von Samuele gezüchtet und deshalb komplett einheitlich rot. „Ja, das sind meine Tomaten“, sagt er dann stolz.

Bei Daniel Puglisi hängen die frühesten Erinnerungen an Gemüse mit seiner eigenen Kindheit zusammen. Als Junge streifte er auf Sizilien zwischen Tomaten, Wassermelonen und Paprikapflanzen seiner Familie umher. „Meine Mutter sammelte die Samen aus reifen Früchten sie ist die wahre Züchterin in der Familie“, sagt der 36-Jährige. „Ich lernte so früh den Anbau und den Geschmack von Gemüse lieben.“

Für Daniel kam es deshalb wenig überraschend, dass er ein Studium der Agrarwissenschaften in Mailand begann. Als während seiner Doktorarbeit ein Projekt in der Vorzüchtung von Kürbisgewächsen zu besetzen war, übernahm er es kurzerhand. Insgesamt arbeitete er mehr als sieben Jahre lang in der Vorzüchtung bei Nunhems, das zunächst ein Unternehmen von Bayer war, ehe es von BASF übernommen wurde. Während dieser Zeit wurde er Tomatenzüchter mit den Schwerpunkten Strauchtomaten im Nahen Osten und Wurzelstock weltweit.

„Ich arbeitete in einem Chemiekonzern“, sagt er über diese sieben Jahre. „Mich reizte aber der Gedanke, stattdessen in einem Familienunternehmen mit großen Ambitionen tätig zu sein und mit dem reinen Fokus aufs Saatgut.“ Deshalb ging er im Oktober 2024 zu KWS, wo er seitdem als Head of Breeding Italy für das Gemüsegeschäft in seinem Heimatland zuständig ist und zudem als R&D Tomato Crop Lead die Tomatenzüchtung weltweit leitet. Somit ist er der Vorgesetzte von Samuele, der wiederum seit mehr als fünfzehn Jahren in der Tomatenzüchtung aktiv ist und zu KWS gehört, seit sein eigenes Unternehmen Geneplanta 2021 in die damals noch neue BU Vegetables überging.

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Jede Sorte ein Charakter: Wie wir Tomaten in Almería entwickeln, die den Herausforderungen durch steigende Temperaturen standhalten.

Große Sprünge in wenigen Jahren

Sowohl Samuele als auch Daniel sehen im vergleichsweise jungen Gemüsegeschäft von KWS eine „unglaubliche Entwicklung“ – vom Aufbau der Stationen und der Versuchsflächen bis zu den qualifizierten Teams und den innovativen Ergebnissen in der Forschung und Entwicklung innerhalb weniger Jahre. Daniel meint damit beispielsweise erste Tomatenhybriden mit einer Resistenz gegen das Tomato Brown Rugose Fruit Virus (ToBRFV). Es färbt die Schale braun und führt zu Ernteausfällen. „Das Virus ist 2015 erstmals aufgetreten und seit 2020/2021 verbreitet und obwohl sich die BU Vegetables erst im Aufbau befand, war KWS ziemlich schnell, die Resistenz gegen das Virus in eigene Sorten zu bekommen.“ Hilfreich dabei waren die Erfahrung aus Einbeck in der Markertechnologie und die enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Molekularforschung am neuen Gemüse-Forschungsstandort in Wageningen.

Wenn Samuele und Daniel über Gemüse sprechen, dann dreht sich das Gespräch schnell um Tomaten. Bei Samuele liegt es auf der Hand: Im Laufe seiner Karriere hat er viele kommerzielle Sorten in Italien und Mexiko erfolgreich auf den Markt gebracht. Allein in seinen Schwerpunktländern Italien und Spanien liegt das Marktpotenzial bei 140 Millionen Euro. „Die Tomate ist das am weitesten verbreitete Gemüse auf der Welt und spielt in vielen Speisen eine Rolle.“

Samuele Mariani und Daniel Puglisi achten auf Reife, Farbe, Transportfähigkeit, Haltbarkeit und natürlich den Geschmack von Tomaten – bei einer großen Vielfalt des am weitesten verbreiteten Gemüses der Welt.

Vielfalt an Sorten und Forschung

Samuele fasziniert die Vielfalt in Größe und Form, Farbe und Geschmack. „In vielen Ländern sind Tomaten ein wichtiger Bestandteil traditioneller Gerichte, in anderen sind sie wie eine Süßigkeit für Kinder“, sagt der 45-Jährige. Und was für ihn besonders spannend ist: „Viele Gruppen beschäftigen sich international mit der Tomate und ihrer Genetik – deshalb sind jede Menge Forschungsergebnisse verfügbar, auf die auch wir in der Züchtung zurückgreifen können.“

Entsprechend groß ist aber auch der Wettbewerb. Um sich durchzusetzen, „müssen wir die Bedürfnisse jedes Marktes für jede einzelne Sorte genau kennen“, sagt Daniel. Es geht um Reife, Farbe, lange Haltbarkeit, gute Transportfähigkeit – und auch um Trends. Deshalb tauscht sich Daniel als R&D Tomato Crop Lead bereichsübergreifend mit Kolleginnen und Kollegen aus. „Die Züchtung ist das Bindeglied zwischen Produktion, Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung und Forschung.“

Was er damit meint: Der Vertrieb und die Produktentwicklung kennen die unterschiedlichen Anforderungen der Anbauerinnen und Anbauer sowie der Konsumentinnen und Konsumenten in jedem einzelnen Land am besten. Mit den sieben Züchterinnen und Züchtern von KWS für Tomaten in Brasilien, Italien, Mexiko, Spanien und der Türkei kümmert sich Daniel dann darum, dass die Sorten den Anforderungen auf lokaler Ebene entsprechen.

„Die Tomate ist das am weitesten verbreitete Gemüse auf der Welt.“

Samuele Mariani

Mehrere Resistenzen gleichzeitig

Was zugleich für alle Sorten gilt: Perspektivisch müssen Tomaten mit immer weiter steigenden Temperaturen zurechtkommen. Und sie müssen resistent oder tolerant gegen Schädlinge sein. Am Beispiel des ToBRFV erklärt Daniel, dass es nun darum gehe, eine tolerante, aber von dem Virus geschwächte Pflanze auch fit zu machen, wenn zur gleichen Zeit ein weiteres Virus zuschlägt. „Die Resistenz gegen das ToBRFV ist Pflicht, sonst ist man auf dem Markt chancenlos. Jetzt suchen wir nach mehreren Resistenzen zur gleichen Zeit.“ Dies geschieht in der eigenen Phytopathologie, also der Forschung an Pflanzenkrankheiten, am Standort in Spanien.

Als Crop Lead für die Tomate trifft Daniel gemeinsam mit dem Team solche mittel- bis langfristigen strategischen Züchtungsentscheidungen. Zusätzlich hat er als Head of Breeding Italy noch eine Doppelrolle für weitere Gemüsesorten. In dieser Funktion ist er für die Züchtungsaktivitäten von Tomaten und Paprika zuständig. „Da geht es weniger um Strategie und mehr um Verwaltung wie Personalentscheidungen oder Investitionen auf den Stationen. Wenn Samuele zum Beispiel etwas braucht, dann kommt er mit seinem Anliegen zu mir.“

Diese Vielfalt liebt Daniel an seiner Arbeit: Mal sitzt er am Computer, mal ist er bei Kundinnen und Kunden, bei Versuchen und auf Zuchtstationen oder mit Züchterinnen und Züchtern auf dem Feld. Auch die Züchtung von Tomaten besteht – in zwei Zyklen jährlich – aus Abwechslung. „Wir planen die Aussaat für die nächste Saison, die neuen Kreuzungen und die Versuche vor dem Computer“, sagt Samuele. „Mitten in der Saison sind wir dann die meiste Zeit bei den Sortenversuchen, machen die Selektion und sammeln Daten. Und zum Saisonende geht es zurück an den Computer, um die Ergebnisse auszuwerten.“

So entsteht „aus einer Idee etwas Neues“, wie Daniel schwärmend über seine Leidenschaft für die Züchtung sagt. „Seit meiner Jugend habe ich all meine Tätigkeiten mit Leidenschaft gemacht. Ich war ein guter Schwimmer, ich war Schwimmtrainer, habe in einer Rockband gesungen und eine Platte aufgenommen.“ Es blieb bei einem Hobby. Den Takt seines Lebens gibt jetzt das Gemüse vor, das er schon in seiner Kindheit lieben gelernt hat. |


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