Mit der BU Gemüse geht es gut voran. Paul Degreef und sein Team arbeiten zukünftig im Gebäude Plus Ultra II auf dem Campus der Uni Wageningen
BU-Leiter Paul Degreef im Interview
Wo das Gemüse zu Hause ist
Die Business Unit Gemüse hat gut ein Jahr nach ihrer Gründung ein neues Zuhause im Gebäudekomplex Plus Ultra II an der Uni Wageningen (Niederlande). BU-Leiter Paul Degreef erläutert vor dem Einzug ins neue Büro den Stand unserer Gemüseaktivitäten.
Bald ist das neue Büro der Business Unit in Wageningen bezugsfertig. Auch wenn derzeit noch viele im Homeoffice sind: Wer wird eines Tages hier arbeiten?
Das neue Büro in Wageningen wird der Hauptstandort der BU Gemüse, von dem aus das gesamte Gemüsegeschäft gesteuert wird. Alle globalen Funktionen werden von dort aus arbeiten. Unser Gemüsegeschäft wird über die ganze Welt verteilt sein, mit regionalen Schwerpunkten. Dennoch ist es wichtig, dass eine enge Kommunikation zwischen den verschiedenen Teams besteht. In Wageningen wird diese Zusammenarbeit aufgebaut und verstärkt.
Um welche Art von Gebäudekomplex handelt es sich beim Plus Ultra II?
Plus Ultra II bietet Büro- und Laborflächen für neu gegründete, wachsende, aber auch für etablierte Unternehmen und Organisationen, die in Zusammenarbeit mit der Universität Wageningen ein starkes Netzwerk in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittel, gesunder Lebensstil und auf anderen Feldern aufbauen wollen.
Was haben Sie bei der Gestaltung des Büros berücksichtigt?
Unser Hauptaugenmerk lag darauf, einen einladenden Ort zum Arbeiten zu schaffen, der Flexibilität, Räume für Meetings und ruhigere Rückzugsorte bietet. Der Plan zum Aufbau für die BU Gemüse stützt sich auf ein solides Konzept. Trotzdem verfolgen wir einen pragmatischen Ansatz, und aus verschiedenen Gründen sind Änderungen des Plans möglich. Deshalb haben wir die Büroräume so gestaltet, dass sie allen derzeitigen Mitarbeiterinnen ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten, aber auch die Möglichkeit besteht, dass weitere Kolleginnen hinzukommen können.
◼ Das aktuelle Team der BU Gemüse
Warum ist Wageningen der richtige Standort für unsere Business Unit?
Der Gemüsebau hat in den Niederlanden eine lange Tradition. Viele internationale, aber auch neu gegründete Gemüseunternehmen haben hier ihren Hauptsitz. Das reicht von der Züchtung über die Gewächshaustechnik bis hin zur verarbeitenden Industrie und zu Handelsunternehmen. Die Gemüsezüchtung in den Niederlanden ist im weltweiten Vergleich auf dem neuesten Stand. Der Standort bietet die Möglichkeit, mit den Unternehmen in Kontakt zu treten, die neuesten Innovationen zu erkennen und auf dem Markt bekannt zu werden.
Die Universität Wageningen steht in der Gartenbau- und Agrarforschung an der Weltspitze. Sie führt zahlreiche Forschungsprogramme durch, um die dringlichsten Probleme im Gartenbau unserer Zeit zu lösen. Damit lockt sie viele Unternehmen zur Zusammenarbeit und eine große Zahl internationaler Studentinnen an. Wir als KWS wollen von diesem Netzwerk ebenso profitieren wie von gut ausgebildeten potenziellen Mitarbeiterinnen.
Unsere neue Business Unit Gemüse besteht seit mehr als einem Jahr. Wie hat sich das Geschäft seitdem entwickelt?
Seit dem Start ist das Team der BU Gemüse in Wageningen auf zehn Mitarbeiterinnen gewachsen. Die erste Zuchtstation haben wir in Almería eingerichtet. Dort arbeiten derzeit fünf Mitarbeiterinnen, und vier weitere kommen in den nächsten Monaten dazu. Ähnliches gilt für Brasilien: Auch dort haben wir nun ein vierköpfiges Team, das die Zuchtstation aufbaut und erste Züchtungsaktivitäten aufnimmt. Bald starten wir unsere Aktivitäten in der Türkei, in Italien und in Mexiko. Darüber hinaus haben wir erste Lizenzverträge für Sorten von anderen Unternehmen unterzeichnet, um unsere Marke auf dem Markt zu etablieren und die neuesten lokalen Trends kennenzulernen. Pop Vriend ist bei KWS integriert, und wir arbeiten gut zusammen. Gleichzeitig führen wir Gespräche mit weiteren Übernahmekandidatinnen.
Zehn Mitarbeiterinnen hat die BU in Wageningen; erste Zuchtstationen gibt es in Spanien und Brasilien, bald geht es in der Türkei, in Italien und in Mexiko weiter
In welchen Ländern wird KWS Gemüsesaatgut züchten? Und in welchen Ländern wird das Saatgut verkauft werden?
Wir richten Zuchtstationen in vier großen Regionen ein: im Mittelmeerraum, in Lateinamerika, in Indien und in China. Im Mittelmeerraum werden wir Stationen in Spanien, Italien und der Türkei haben. In Lateinamerika werden wir Zuchtstationen in Mexiko und Brasilien haben. Die Stationen werden an diesen Orten eingerichtet, weil sie optimale klimatische Bedingungen bieten und weil sich dort die Mehrheit der Züchterinnen befindet. Die Länder, in denen wir züchten, werden auch die wichtigsten Absatzmärkte sein. Wenn wir geeignete Sorten haben, können wir sie jedoch auch in anderen Ländern innerhalb der Regionen verkaufen.
Wie entwickelt sich das Geschäft bei Pop Vriend?
Das Team von Pop Vriend besteht derzeit aus etwa hundert Mitarbeiterinnen. Ein neuer Züchtungsleiter hat im Juni begonnen, ein neuer Betriebsleiter im April, und im Oktober fängt eine Vertriebsleiterin an. Das Geschäft wächst weiter, und das Team arbeitet immer enger mit der Business Unit in Wageningen zusammen. Mithilfe der Mitarbeiterinnen und Einrichtungen von KWS intensiviert Pop Vriend seine Forschung.
Wie können wir uns die Entwicklung unseres Gemüsegeschäfts vorstellen?
Der Aufbau der Business Unit basiert auf drei Säulen. Erstens: dem organischen Wachstum, also dem Aufbau eigener Zuchtprogramme durch den Erwerb von Land, Einstellen von Züchterinnen und Zusammenstellen von Zuchtmaterial. Zweitens: Akquisitionen, also dem Erwerb von kleinen Züchtungsunternehmen in den Zielregionen mit den entsprechenden Pflanzenarten. Und drittens dem Lizenzgeschäft, also der Lizenzierung von Sorten von anderen Züchtungsunternehmen, um sie auf dem Markt zu verkaufen.
Wie bereits erwähnt, haben wir unsere ersten Züchterinnen eingestellt, eine Zuchtstation in Spanien eingerichtet und sind auf der Suche nach potenziellem Land und Gewächshäusern in anderen Gebieten. Sowohl in Spanien als auch in Brasilien sind die ersten Pflanzen gesät worden. Wir sammeln Zuchtmaterial von öffentlichen Instituten und Genbanken, um unsere Zuchtprogramme aufzusetzen. Gleichzeitig suchen wir nach potenziellen Zielen für Übernahmen, um unser Wachstum zu beschleunigen. Im Idealfall sind das kleine Unternehmen aus den Regionen, in denen wir unsere Züchtung aufbauen wollen, die Zuchtprogramme für unsere angestrebten Gemüsesorten haben. Diese Unternehmen können die Startplattform in der jeweiligen Region sein und sich reibungslos in unsere Business Unit einfügen. Darüber hinaus haben wir die ersten Lizenzverträge unterzeichnet. Dies kann uns helfen, unsere Marke auf dem Markt zu etablieren und die Dynamik in der jeweiligen Region kennenzulernen.
Unser Verkaufsteam wächst, und während es zu Beginn ausschließlich lizenzierte Sorten verkaufen wird, wollen wir in Zukunft unsere eigenen Sorten anbieten. Mit dem weiteren Aufbau der Business Unit werden also die drei Säulen zu einem soliden Fundament verschmelzen.
◼ Das neue Büro ensteht: Einladender Ort mit Platz für Wachstum
Wie funktioniert das Lizenzgeschäft für Gemüsesaatgut in der Praxis?
Es gibt keine klare Regel, wie das Lizenzgeschäft organisiert ist, sondern es hängt von den Vertragsbedingungen ab, auf die sich die beiden Parteien einigen. In unserem Fall schließen wir einen Vertrag mit einer anderen Gemüsezüchterin ab. Dieser Vertrag regelt, dass wir bestimmte Sorten dieser Firma verkaufen dürfen. Im Vertrag werden die Sorten, die Regionen, das Branding und die finanziellen Bedingungen festgelegt. Es können noch viele weitere Dinge verhandelt werden, aber wie gesagt: Das ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich. Wir verkaufen dann die Sorten in unseren Zielabsatzmärkten an Anbauerinnen oder Händlerinnen, immer abhängig von der im Lizenzvertrag getroffenen Vereinbarung.
Wie steht es mit dem Aufbau eigener Züchtungsprogramme?
Unser Züchtungsleiter Coert Engels steuert die weltweiten Züchtungsaktivitäten. In Brasilien und Spanien haben wir regionale Züchtungsleiterinnen eingestellt. Sie haben bereits Gewächshäuser und Flächen gefunden und die entsprechenden Pachtverträge unterzeichnet. Zusammen mit unserem Koordinator für Zuchtmaterial in Wageningen, Rik Brugman, stellen sie kontinuierlich weiteres Material zusammen. Kürzlich haben zwei Züchterinnen in Brasilien ihre Arbeit aufgenommen, und in den nächsten Monaten werden auch in Spanien zwei Züchterinnen beginnen. Die ersten Aussaaten haben bereits stattgefunden, sodass die Züchterinnen bald erstmals kreuzen können. In der Türkei nimmt im November eine Züchtungsleiterin ihre Tätigkeit auf. Die Vorgehensweise ist die gleiche wie in den anderen Ländern: Suche nach Land und Gewächshäusern, Einstellung von Züchterinnen, Sammeln von Zuchtmaterial. Gleichzeitig sucht unser Forschungsleiter Martin De Vos in Zusammenarbeit mit der Forschung in Einbeck nach Markern und Versuchsprotokollen, um den Züchtungsprozess zu beschleunigen. Die gesamte Gruppe arbeitet eng zusammen.
„In drei Jahren haben wir unsere ersten Tomatensorten.“
Paul Degreef
Wann kommen die ersten selbst gezüchteten Gemüsesorten von KWS auf den Markt?
In drei Jahren haben wir unsere ersten Tomatensorten. Es dauert jedoch mindestens fünf Jahre, bis wir die ersten Sorten aus eigener Züchtung verkaufen können.
Wo wird die BU Gemüse an ihrem zweiten Geburtstag stehen?
An ihrem zweiten Geburtstag wird unsere BU noch sichtbarer sein, innerhalb der KWS Gruppe und in den Märkten: In vielen Regionen der Welt haben die Anbauerinnen schon von den Gemüseaktivitäten von KWS gehört. Sie wollen einige unserer lizenzierten Sorten kaufen und warten gespannt auf unsere eigenen Sorten. Wir werden ein größeres, aber immer noch wachsendes Team von Züchterinnen mit definierten Züchtungszielen und ersten Erfolgen aus der diesjährigen Aussaat sein. Wir werden auch erfolgreich erworbene Unternehmen in unser Team integrieren. Gleichzeitig werden sich Prozesse innerhalb der Gruppe und der GLOBE-Struktur etabliert haben und reibungslos ablaufen. Das Team in Wageningen wird sich im neuen Büro eingerichtet haben und seinen Zweck als zentrale Schaltstelle der Business Unit erfüllen.
Wird es auch eine Tomate in unserer Unternehmensfarbe Orange geben?
Die Züchtung von Gemüsesorten ist stark auf qualitative Merkmale ausgerichtet. Sie ist sehr segmentiert und vielfältig – sowohl innerhalb einer Kultur, beispielsweise Kirsch-, Cocktail- und Romatomaten, als auch zwischen den Regionen. Ein erfolgreiches Portfolio ist daher breit gefächert, aber gleichzeitig lokal spezifisch. Züchterinnen müssen sich auf mehrere Merkmale konzentrieren, zum Beispiel Resistenzen, Geschmack, Farbe und Inhaltsstoffe. Gleichzeitig müssen sie wissen, was auf dem Markt von den Anbauerinnen, aber auch von den Verbraucherinnenmärkten und der Endverbraucherin verlangt wird. Folglich ist es absolut wichtig, dass die Züchterinnen eng mit dem Vertrieb zusammenarbeiten, damit ihre Züchtungsziele mit den zukünftig geforderten Eigenschaften übereinstimmen. Wenn wir als Endverbraucherinnen also eine hohe Nachfrage dafür schaffen, könnte eine Tomate in KWS Farbe ein Züchtungsziel der Zukunft sein. |
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