Arbeit

Rumänische Saisonkräfte

Als Familie müssen die rumänischen Saisonkräfte trotz Corona keinen Abstand halten

Rübenhackerinnen in Wiebrechtshausen

Multumesc*

*Danke (auf Rumänisch)

Ausländische Saisonkräfte unterstützen unseren Ökobetrieb in Wiebrechtshausen jeden Sommer bei der Feldarbeit. Erstmals warben unsere Kolleginnen dafür selbst eine Familie aus Rumänien an. Corona hätte ihren Einsatz beinahe verhindert.

Ausländische Saisonkräfte unterstützen unseren Ökobetrieb in Wiebrechtshausen jeden Sommer bei der Feldarbeit. Erstmals warben unsere Kolleginnen dafür selbst eine Familie aus Rumänien an. Corona hätte ihren Einsatz beinahe verhindert.

Sechs Stunden. Die Zeit dehnt sich ins Unendliche. Am Flughafen im rumänischen Sibiu harren acht Saisonkräfte aus, die Betriebsleiter Axel Altenweger sehnlichst auf unserem Klostergut in Wiebrechtshausen erwartet. Es ist Mai, und Corona zieht strenge, gründliche Gesundheitskontrollen nach sich. Das dauert.

Dann die Gewissheit: Alle sind gesund und steigen ins Flugzeug nach Hamburg. Nach dem ersten Flug ihres Lebens folgen auf deutscher Seite fünf weitere Stunden intensiver Untersuchungen – bis unsere landwirtschaftliche Mitarbeiterin Karina Poppe die fünf Männer und drei Frauen endlich in Empfang nehmen und nach Wiebrechtshausen fahren kann. Zwei Wochen verbringen alle zur Sicherheit in Quarantäne. Dann stehen die Saisonkräfte dank einer Corona-Ausnahmeregelung für bis zu 115 statt der üblichen siebzig Tage beim Unkrautjäten, beim Hacken und für andere anstrengende Arbeiten zur Verfügung. Sie sind dabei Angestellte der KWS und werden nach Tariflohn beschäftigt.

Pfeiler für den Lebensunterhalt

Die Solidarität mit der Landwirtschaft ist groß, als ab Mitte März europaweit die Grenzen dicht sind. Zu dieser Zeit hatten schon über fünfzehn Deutsche ihre Arbeitskraft über das Portal „Das Land hilft“ angeboten. Von den Interessenten erscheinen aber insgesamt nur sieben, davon vier Studentinnen in der Corona-Zwangspause und ein Programmierer. Axel Altenweger ahnt: Auch von diesen sieben werden die meisten nicht lange bleiben. Tatsächlich beginnen die Vorlesungen wieder online, und auch der Programmierer wirft das Handtuch. Nur ein Koch und eine Sozialarbeiterin halten bis in den August durch und sind eine willkommene Bereicherung für das Klostergut.

Dass er deshalb stark auf ausländische Saisonkräfte setzt, das lehrt Axel Altenweger die Erfahrung aus dreißig Jahren in der Landwirtschaft. „Für diese einfache, monotone, aber anstrengende Arbeit finden wir selten Leute, die das drei Monate lang mitmachen, insbesondere nicht in gleichbleibendem Tempo.“

Für die ausländischen Saisonkräfte hingegen – früher aus Polen, heute aus Rumänien – ist es eine dankbare Arbeit. Sie verdienen vier- bis siebenmal so viel wie in ihrer Heimat – wenn sie dort überhaupt einen Job haben. „Die waren alle geschockt, als die Ausreisesperre kam, weil sie fest mit den Einnahmen kalkulieren. Sie haben uns jeden Tag geschrieben.“

Einfach, monoton – und anstrengend; drei Monate Arbeit im Feld

Reise nach Rumänien

Diese enge Beziehung kommt nicht von ungefähr: Auch nach Wiebrechtshausen kamen die Saisonkräfte in der Vergangenheit über professionelle Vermittler. Das Vertrauen in diese Angebote ist allerdings gesunken. „Wir haben zum Beispiel mitbekommen, dass die Leute lange auf ihren Lohn warten, das Busunternehmen der Vermittler nutzen müssen und eine zusätzliche Provision abtreten. Deshalb haben wir direkten Kontakt nach Rumänien aufgenommen.“

Und so kam es, dass unsere Mitarbeiterin Karina Poppe im Februar kurzerhand selbst nach Rumänien reiste. „Sie hat die Familie besucht, die seit ein paar Jahren bei uns ist“, sagt Axel Altenweger. Drei Personen waren das im letzten Sommer. Im direkten Kontakt lernte Karina Poppe die ganze Verwandtschaft kennen, in einem kleinen Dorf bei Sibiu: mehrere Ehepaare, Kinder, Stiefkinder, Großeltern – Schäfer, Köche und Fabrikbedienstete von Beruf. Karina Poppe fragte kurzerhand alle aus der Verwandtschaft, die arbeiten konnten und wollten – auch Maria-Ana, die nun einen Sommer in Wiebrechtshausen verbrachte, während ihre zweijährige Tochter, die sie täglich übers Internet sah, gut behütet bei den Großeltern im Heimatland blieb.

Letztlich war das enge Verwandtschaftsverhältnis ein Segen in außergewöhnlichen Zeiten: Weil die Arbeiterinnen eine Familie sind, galten untereinander keine Corona-Abstandsregeln. Und die Hygienevorschriften in ihrer Dienstwohnung – maximal zwei Personen pro Zimmer, keine Doppelstockbetten, acht Hygienespender – waren auf dem Ökobetrieb ohnehin „schon immer bei Weitem erfüllt“, sagt Axel Altenweger.

Ohne die Helferinnen aus Rumänien wären die Möhren verunkrautet

„Gute Firma“

Auf den Feldern um Wiebrechtshausen und Einbeck hacken die Saisonkräfte denn auch gut gelaunt. Camelia Roman, die als eine von wenigen aus der Familie ein paar Brocken Deutsch spricht, wolle „gern im nächsten Jahr wiederkommen“, nennt die Arbeit „okay“ und KWS eine „gute Firma“, die auch in Rumänien bekannt sei – mit Aktivitäten in Mais, Zuckerrübe, Getreide, Raps und Sonnenblume. Dann hackt sie weiter, an anderen Tagen jätet sie Unkraut, mal bei Roter Beete, mal zwischen Kartoffeln, mal zwischen Karotten. Ohne ihre Hilfe, sagt Axel Altenweger, „hätten wir in diesem Jahr zehn Hektar Rüben weniger, und die Möhren wären uns verunkrautet“.

„Es hat was Familiäres.“

Axel Altenweger

Manchmal gehen Axel Altenweger trotzdem die Aufgaben aus. „Wir haben nicht durchgängig Arbeit.“ Die Rumäninnen verlangten aber danach. Dann spricht sich der gebürtige Münchner tageweise mit Hendrik Jürgens, Stationsleiter Einbeck, ab, der Aushilfskräfte auf den von ihm betreuten Flächen einsetzt – bis sie abends wieder aufs Klostergut zurückkehren. „Es hat was Familiäres. Man muss schon da sein für die Leute und sich um sie kümmern. Auch wenn sie mal Zahnschmerzen haben.“

In diesem Ausnahmejahr blieben alle gesund. |

Kontakt:
Axel Altenweger
axel.altenweger@kws.com


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