Neue Wege
Und es macht klick!
Corona stellt uns weltweit fast zeitgleich vor dasselbe Problem: klassische Feldtage und Messen fallen aus, im Kontakt mit Kunden und Kollegen gehen wir zwangsweise auf Abstand. Aus der Corona-Not machten Kollegen weltweit eine Tugend. Hier erzählen sie von ihrem kreativen Umgang mit der Krise.
Brescia Terra
Brasilien
Webinare: Wöchentlich live
Wenn Brescia Terra auf die vergangenen Wochen zurückblickt, kommt die Marketingleiterin für Südamerika ins Plaudern. „Sehr erfolgreich“ nennt sie die Idee, mit der KWS in Brasilien den Lockdown überbrückt – in einer Phase des Jahres, in der sich eigentlich Landwirtschaftsmessen an Feldtage reihen. „Uns schien die Gelegenheit abhandenzukommen, über Technologien und unsere Produkte zu sprechen.“
Was also tun? Die Antwort: Webinare per Livestream. Einmal pro Woche um 19 Uhr können sich Landwirte nun online informieren, wenn KWS Kollegen aus dem Agroservice im Videochat ihr Wissen über Mais teilen, etwa über optimale Silage. „Wir nutzen die Expertise aus unseren Reihen.“ Vierzig Minuten dauert ein Vortrag nach Plan, weitere vierzig Minuten können die Landwirte Fragen stellen.
„In der Landwirtschaft Brasiliens waren Webinare bislang etwas Neues. Wir wussten nicht, wo wir überhaupt anfangen sollten. Es ist ein kontinuierlicher Lernprozess.“ Das erste Webinar über Microsoft Teams hatte denn auch den Nachteil, dass Landwirte dafür sowohl die App als auch einen speziellen Link brauchten. Mit Instagram als zweitem Streamingkanal in Verbindung mit Teams stieg zwar die Zahl der Nutzer. Allerdings stoppt die Übertragung nach einer Stunde. Deshalb ist jedes Webinar jetzt in einen Hauptteil und einen Frageteil untergliedert.
Mittlerweile gibt es auch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Anmeldung. „Je einfacher man es den Nutzern macht, desto höher sind die Teilnehmerzahlen“, beobachtet Brescia Terra. In der Tat: Binnen der ersten drei öffentlichen Vorträge hat sich die Zahl auf fast 1.000 verdreifacht.
Auch nach Corona soll es weitergehen. „Wir planen, andere Fachbereiche einzubeziehen. Die Webinare ersetzen nie den menschlichen Kontakt – aber beides kann sich ergänzen.“ |
Ana Cecilia Perl
Argentinien
Homeoffice mit Kind: Neue Routinen
Das Homeoffice ist für Kollegen weltweit zum vorläufigen Arbeitsmittelpunkt geworden. Auch Ana Cecilia Perl aus Balcarce (Provinz Buenos Aires) arbeitet seit März in den eigenen vier Wänden. Stets an ihrer Seite: ihr vierjähriger Sohn Benicio. Denn seit dem 16. März sind die Kindergärten in Argentinien geschlossen. „Das ist eine enorme Herausforderung – es gibt bessere und schlechtere Tage und durchaus Momente des Chaos“, sagt Ana Cecilia Perl, die ihre Rolle als HR Regional Director für Argentinien, Chile und Peru mit ihrer Rolle als Mutter unter einen Hut bekommen muss. Und sie ergänzt liebevoll: „Wir haben einen sehr lebendigen Sohn.“
Doch ebenso wie Benicio verfügt auch Ana Cecilia Perl über Power und hat mit ihrem Ehemann Diego immer wieder am Tagesablauf gefeilt. Einige Male arbeitete die Personalexpertin frühmorgens, wenn Benicio noch schlief. Jetzt hingegen stehen alle zusammen auf, frühstücken, und dann darf der Vierjährige eine Stunde Kinderfernsehen schauen. Wichtig ist der Argentinierin Benicios Mittagsschlaf. Auch wenn er anderes lieber macht.
Die Arbeit am Schreibtisch, Videokonferenzen, Zeit mit dem Sohn, Gymnastik am Abend: Die Familie von Ana Cecilia Perl hat sich an die neuen Routinen gewöhnt. Benicio hat ihr dennoch leidgetan. „Er erschien mir so einsam“, sagt die Mutter. Doch sie hatte eine Idee. Seit wenigen Wochen gehört ein Welpe zur Familie und ist Spielkamerad geworden.
Von KWS und ihren Kollegen fühlt sich Ana Cecilia Perl in der Corona-Krise bestens unterstützt. „Wir kommunizieren, helfen uns und stärken unsere Netzwerke. Und wir lernen in diesen Tagen alle in Lichtgeschwindigkeit, mit der neuen Situation umzugehen“, sagt Ana Cecilia Perl. „Die Quarantäne hat uns gelehrt, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich nah zu sein. Verbundenheit ist der Schlüssel. Lassen wir uns also weiterhin den Geist von KWS verbreiten, jetzt … virtuell!“, so die ausgebildete Psychologin. |
Foto: Florian Spieker
Steffen Haak
Marie Sandvoß
Deutschland
Selfie-Videos vom Feld
Eigentlich zählt das Frühjahr zu den intensiven Zeiten von Getreide-Vertriebsberater Steffen Haak. Dann besucht er Landwirte auf ihren Feldern im äußersten Norden von Deutschland. „Seit wir wegen Corona nicht mehr intensiv raus dürfen, veröffentlichen wir stattdessen Videos zu Pflanzenschutz, Düngung und anderen aktuellen Themen“, sagt er stellvertretend für zwölf Kollegen in Deutschland; manche wiederum setzen auf Text und Fotos. Marie Sandvoß aus dem Onlinemarketing: „Wir nutzen dafür bestehende Kanäle: unseren Youtube-Kanal und die Beraterseiten auf unserer Website.“
Während der Ausgangsbeschränkungen trifft Steffen Haak also fast keine Landwirte, sondern zückt auf Versuchsfeldern alle ein bis zwei Wochen sein Smartphone mit Selfie-Stick und erzählt in die Kamera, was sich beim Getreide gerade abspielt. „Wir müssen immer ein bisschen vor der Zeit sein, damit der Landwirt reagieren kann.“
Jeden Film postet Steffen Haak in seinem Whatsapp-Status, wo rund hundert Landwirte seine Beratung wahrnehmen. Marie Sandvoß lädt den Content auf die Website und bewirbt ihn über Facebook oder per E-Mail. Die Zahl der Klicks hat sich von März bis April um sechzig Prozent gesteigert. Wegen der guten Resonanz soll es mit dem Format auch nach den Beschränkungen weitergehen, und das Videoformat soll auch auf den digitalen Feldtag ausgeweitet werden. |
Patrick Klaus
Deutschland
Mittagspause mal anders
Die Mittagszeit allein vor dem Computer zu verbringen, das hätte am norddeutschen Getreidestandort Wohlde wohl vor der Corona-Pandemie keiner für nötig gehalten. Dann aber war die Corona-Taskforce gezwungen, strenge Hygienevorschriften für 200 Mitarbeiter umzusetzen: Homeoffice, Einzelbüros, Abstandsregeln, Lunchpakete statt Kantine. Plötzlich war jeder für sich. „Es war klar: Wir müssen etwas finden, was die Mitarbeiter motiviert, miteinander zu kommunizieren und ihr gewohntes Gemeinschaftsgefühl beizubehalten“, sagt Patrick Klaus, Marketingleiter der BU Getreide.
Und so kam ihm die Idee, die Managementmethode „Working Out Loud“ umzuwandeln. Dreimal pro Woche präsentierte jeden Mittag um 12.30 Uhr ein Mitarbeiter via Webmeeting ein frei gewähltes Thema vor seinen Kollegen im Homeoffice oder im Einzelbüro. Richtlinien gab es weder zur Gestaltung noch zum Inhalt, nur die Zeitvorgabe war einzuhalten: die Dauer der Mittagspause. Im Schnitt ließen sich fünfzig bis siebzig Kollegen in diesen dreißig Minuten vor dem Bildschirm „einfach mal unterhalten“ und erfuhren zum Beispiel, warum Japaner in Meetings einschlafen; was die Faszination von Kuhschauen ausmacht; warum Feuerwehrfeste die besten sind; wie Corona die Züchtung in Norditalien beeinträchtigt.
„Was das Format so erfolgreich gemacht hat, war die persönliche Note“, sagt Patrick Klaus. „Das selbst geschossene Bild oder eine emotionale Geschichte machten das Erzählte greifbar und für den Zuhörer so interessant und das Ganze funktionierte deutschlandweit und abteilungsübergreifend wunderbar.“
Das Format war in Wohlde eigentlich nur auf die Corona-Hoch-Zeit im April und Mai ausgelegt worden. „Aber der Erfolg lässt überlegen, wie wir es auch nach der Saison Richtung Herbst dann live an den Standort transferieren könnten.“ |
Scott Manning
Großbritannien
360-Grad-Kamera mitten in der Sortendemo
Die Sonne strahlt, Getreideähren wiegen sich im Wind, Landwirte, Saatguthändler und Wissenschaftler tauschen sich aus. Dieses Bild kennen die Kunden von KWS UK von den Feldtagen der vergangenen Jahre – doch dieses Mal gehört das Idyll zur neuen virtuellen Sommertour „Cereals 360“. Der Rundgang durch Weizen, Gerste, Raps und Hybridroggen wirkt so real, dass man die frische Sommerbrise zu spüren glaubt.
Erfolgreich gestartet ist cereals360.com bereits im Februar 2019. Doch jetzt erlebt die digitale Plattform einen Höhenflug. „Wir hatten binnen zwei Wochen mehr Besucher als im gesamten vergangenen Jahr“, freut sich Scott Manning, Head of UK Marketing. Allein im Zeitraum 1. bis 11. Mai gingen 1.449 Interessierte auf virtuelle Tour.
Kein Wunder: Die Website ermöglicht Landwirten und Kunden, sich bequem von Zuhause und ohne Ansteckungsgefahr detailliert über das Saatgut-Portfolio von KWS UK zu informieren. Ein Klick auf eine Flagge mit Sortennamen im Feld, und schon erfährt der Besucher alles zu Ertrag, Ackerbau, Krankheitsresistenz und Endmärkten – in Text und Video.
Entstanden ist die Idee für cereals360.com nach einer Umfrage 2017 unter britischen Landwirten. „Wir haben ihr Kaufverhalten und ihre Interessen analysiert, da wir zuvor feststellen mussten, dass immer weniger Teilnehmer zu unserem Tag der offenen Tür gekommen waren“, berichtet Scott Manning. Die Landwirte nannten als Grund mangelnde Zeit in den Sommermonaten. Sie bevorzugten einen Feldtag im Winter. Rund die Hälfte der Befragten gab außerdem an, sich zunehmend online über neue Sorten zu informieren. „Das gab den Ausschlag“, so Scott Manning. „Wir werden unser digitales Konzept in der Zukunft fortlaufend weiterentwickeln.“ |
Federico Larrosa
Argentinien
Feldtag live: 800 Zuschauer aus 14 Ländern
Die Herausforderungen waren enorm. KWS Argentina steckte mitten in den Vorbereitungen zu ihrem Feldtag, als die Corona-Pandemie eine landesweite Ausgangssperre verursachte.
Produkt- und Markenmanager Federico Larrosa sowie seine Kollegen Florencia Cerutti und Joaquín Kaspar überlegten nicht lange. „Auf unserer Zukunftsagenda stand ohnehin die Idee, den Feldtag eines Tages per Livestream zu übertragen“, sagt Federico Larrosa.
Dass es so schnell gehen würde, hatten sie zwar nicht geplant, doch innerhalb von nur zehn Tagen gelang es den Mitarbeitern von KWS, den Virtual DAR (Demostrativo Agronómico Regional) ins Internet zu verlagern. Am 9. April 2020 startete der vierstündige Virtual Field Day. Mais und Futterrüben, Feldimpressionen, Luftaufnahmen, Kameraschwenks in den Produktionsstätten, Interviews, Statements von Mitarbeitern und viele interessante Fakten – Live-Elemente wechselten sich beim Virtual DAR mit vorher aufgenommenen Filmen ab. Die 14 Referenten hielten ihre Vorträge vorab in ihren eigenen geschützten vier Wänden, waren dann aber live zugeschaltet, um Fragen zu beantworten.
Mehr als 800 Zuschauer aus 14 Ländern nahmen teil. Ein toller Erfolg für Federico Larrosa und sein Team. |
Deutschland
Corona macht erfinderisch: Rüben-Drive-In in Wetze
Größere Events können derzeit aufgrund der Infektionsgefahr durch Corona nicht durchgeführt werden. Daher mussten auch die traditionellen Feldtage der Zuckerrübe in Wetze entfallen. Um Landwirte und die Vertreter von Beratung, Verbänden und Zuckerindustrie dennoch über die neuesten Sorten informieren zu können, hat sich die Business Unit etwas ganz Besonderes ausgedacht: einen Rüben-Drive-In.
„Wir haben uns vom klassischen Autokino inspirieren lassen und unseren Feldtag coronakonform mit viel Abstand, aber dennoch persönlich und kundenorientiert durchgeführt“, sagt Alexander Coenen, Regionenleiter Zuckerrübe Deutschland. Zur Auswahl standen an zwei Tagen vier Termine mit einer Dauer von jeweils zwei Stunden.
Die Teilnehmer saßen in ihren Autos, hörten Fachvorträge und wurden dabei auch noch kulinarisch versorgt. In Pkw-Kolonnen ging es danach durch die Sortendemo und die agrotechnischen Versuche. Am Ende hatten die Landwirte Gelegenheit, ihr Saatgut direkt am Drive-In-Schalter im neuen KWS Onlineshop zu bestellen. Coenen: „Die rund 160 Teilnehmer haben uns ein sehr positives Feedback gegeben. Derzeit werden in vielen Regionen Deutschlands Drive-In-Feldtage mit angepassten Konzepten durchgeführt – jeder setzt mit viel Kreativität das um, was die behördlichen Vorgaben zulassen.“ |
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Welche Ideen haben Sie gefunden, um Kontakte, Arbeitsabläufe und Konzepte trotz der Corona-Beschränkungen aufrecht zu erhalten? Welche ungewöhnliche Situation haben Sie im Homeoffice erlebt? Welche Tipps könnten auch Ihre Kollegen weltweit nachmachen? Schreiben Sie eine E-Mail an corona@kws.com
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