Hagen Duenbostel ruft alle Mitarbeiter dazu auf, ihre Erfahrungen einzubringen: „Ihre Ideen sind gefragt“
Foto: Julia Lormis
Zukunft im Blick
„In der Züchtung sehe ich enormes Potenzial“
Im Interview erläutert Vorstandssprecher Hagen Duenbostel, welche Auswirkungen die Coronakrise und niedrige Ölpreise auf die Märkte haben, wie sich KWS darauf einstellt und worin die Chancen für KWS liegen.
Die am 19. Mai veröffentlichten Zahlen zum dritten Quartalsbericht waren sehr gut, und die Prognose weist auf ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis zum Ende des Geschäftsjahres hin. Wirkt sich die Coronakrise nicht auf KWS aus?
Die Zahlen sind wirklich mehr als zufriedenstellend und zeigen, dass wir mit unserer Strategie genau richtig lagen. Auch als die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-virus immer härter wurden, haben wir es geschafft, unser Saatgut an die Landwirte und die Händler auszuliefern. Das ist eine Riesenleistung und ich möchte mich im Namen des Vorstands an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich für das große Engagement bedanken. Es ist aber auch klar, dass wir das im Juli beginnende neue Geschäftsjahr unter neuen Vorzeichen betrachten müssen.
Was verstehen Sie unter neuen Vorzeichen?
Das gute Ergebnis der vergangenen Monate basierte auf den weitgehend vor der Coronakrise eingegangenen Bestellungen, die wir pünktlich ausliefern konnten. Wir müssen nun berücksichtigen, dass neben den Einschränkungen infolge des Coronavirus noch eine weitere Komponente hinzugekommen ist, die unser Geschäft betrifft: Die Preise für Rohstoffe wie Öl und auch für landwirtschaftliche Güter sind ins Rutschen geraten. Wir müssen daher genau beobachten, welche Auswirkungen dies auf die Landwirtschaft und das Bestellverhalten unserer Kunden hat.
Welche Auswirkungen haben denn die niedrigen Ölpreise auf die Landwirtschaft?
In Brasilien wird aus einem großen Teil des geernteten Zuckerrohrs Ethanol hergestellt, das als Treibstoff dient. Wenn der Ölpreis stark sinkt, ist das Ethanol nicht mehr als Treibstoff konkurrenzfähig. Stattdessen wird aus dem Rohr verstärkt Zucker produziert und auf den Markt gebracht. Ein Überangebot auf dem Weltmarkt senkt den Zuckerpreis, was wiederum die Anbauer von Zuckerrüben und die Zuckerfabriken zu spüren bekommen. Ähnliches gilt für Körnermais in den USA: Dort wird ein großer Teil der Maisernte für die Erzeugung von Ethanol genutzt. Wegen des niedrigen Ölpreises lohnt sich die Produktion von Ethanol jetzt kaum noch, und es wurden bereits einige Ethanolanlagen stillgelegt. Die Anbaufläche für Mais und damit die Nachfrage nach Maissaatgut könnte daher in den USA zurückgehen.
„‚Make yourself grow‘ gilt heute mehr denn je.“
Hagen Duenbostel
Was bedeutet das konkret?
Sollte es dazu kommen, dass Landwirte aufgrund der niedrigen Marktpreise noch mehr auf den Cent schauen müssen als heute, würden sie möglicherweise weniger von unserem hochwertigen KWS Saatgut kaufen. Dies kann eintreffen, muss aber nicht. Wir wollen jedoch auch auf diesen Fall vorbereitet sein, damit es finanziell kein böses Erwachen gibt. Deswegen fahren wir nicht zwingend nötige neue Investitionen herunter und sehen auch von einem zusätzlichen Stellenaufbau weitgehend ab. Nachbesetzungen erfolgen aber weiterhin. Ich bin sehr froh, dass wir aus einer wirtschaftlich sehr gesunden Position handeln können und keine tief greifenden Sparprogramme auflegen müssen, wie es Unternehmen aus härter betroffenen Branchen gerade tun.
Was meinen Sie mit dem Beschleunigen von „zukunftsweisenden Entwicklungen“?
Überall legen sich die Kolleginnen und Kollegen ins Zeug und finden kreative Lösungen, wie sie für sich oder im Team arbeiten können. Unsere gut ausgebaute IT-Landschaft liefert hierfür viele Möglichkeiten. Dieser Pioniergeist begeistert mich, und wir müssen ihn unbedingt weiter kultivieren. Ich bin mir sicher, dass uns einige dieser Lösungen auch in der Zeit nach der Pandemie erhalten bleiben. Die Möglichkeiten des Homeoffice könnten wir beispielsweise noch besser in die Arbeitswelt von KWS integrieren. Außerdem sehe ich eine große Chance darin, die Beziehung zu unseren Kunden mit digitalen Tools auf ein neues Level zu heben. Ich ermutige daher unsere Kolleginnen und Kollegen ausdrücklich: Bringen Sie Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit ein, Ihre Ideen sind gefragt und können einen wertvollen Beitrag für KWS leisten. „Make yourself grow“ gilt heute mehr denn je.
Ein Blick nach vorn: Wo liegen die Chancen von KWS?
Als Pflanzenzzüchter und Saatgutproduzent gehört KWS zu den systemrelevanten Unternehmen. Unsere Produkte stehen in der Wertschöpfungskette ganz vorn, wenn es darum geht, die Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln zu versorgen. Dies gibt uns auf der einen Seite eine gewisse Sicherheit. Auf der anderen Seite ist damit aber auch ein gesellschaftlicher Auftrag verbunden, denn die Landwirtschaft muss insgesamt ressourcenschonender und nachhaltiger werden. Und dafür wollen wir mit unseren Produkten und Services sorgen. Ich sehe in der Züchtung ein enormes Potenzial, um zum Beispiel den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren oder auch Pflanzen toleranter zu machen gegen Trockenstress. Eine durchdachte Fruchtfolge erhält die Fruchtbarkeit und Gesundheit des Bodens. Unser breites Portfolio enthält die dazu benötigten Pflanzen. Neue Züchtungsmethoden können die Entwicklung neuer Sorten beschleunigen, digitale Services helfen den Landwirten noch besser bei der Bewirtschaftung ihrer Felder, und mit dem langfristigen Ausbau des Gemüsegeschäfts bedienen wir den Trend hin zu einer gesunden Ernährungsweise. |
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