Flüchtlingshilfe
Einfach nur machen
Zeit, Danke zu sagen: Als vor vier Jahren Hunderttausende nach Deutschland flüchteten, trafen sich KWS Mitarbeiter auf Initiative der Diakonie in Einbeck, um zu helfen. Über das Spendenmagazin versorgten sie Menschen mit dem Nötigsten – während ihrer Arbeitszeit und in ihrer Freizeit.
Eine Tüte mit Habseligkeiten, das ist nicht viel, eigentlich nichts. Und das war häufig alles, was die geflüchteten Menschen mit ins niedersächsische Einbeck brachten. Erste Begegnungen liegen jetzt bald vier Jahre zurück, dennoch erinnert sich Stephanie Düpree, KWS Forschung und Entwicklung, genau an diese Zeit: „Die Menschen waren erst am Vorabend in die Stadt gekommen und am Morgen standen sie schon bei uns im Spendenmagazin.“ Was sie dort bekamen? „Erst einmal das Nötigste. Handtücher, Tassen, Teller, so etwas“, sagt sie.
Erster Anlaufpunkt
Mit einigen ihrer Kollegen hatte sich Stephanie Düpree dem von der Diakoniestiftung Einbeck ins Leben gerufenen Projekt „Neue Nachbarn“ angeschlossen. KWS’lern aus ganz verschiedenen Unternehmensbereichen ging es darum, gemeinsam zu helfen. Zu einer Zeit, in der so viele Menschen aus Syrien, Nordafrika und anderen Ländern kamen, in denen bis heute Leid und Unterdrückung herrscht. Das Spendenmagazin wurde schnell zum Anlaufpunkt für Neuankömmlinge.
Innovation und Tatendrang
„Zunächst war die Ausgabestätte in einem leerstehenden Supermarkt auf dem Gelände der KWS untergebracht und ein wenig improvisiert. Schließlich musste es schnell gehen“, sagt Stephanie Düpree. Gespendete Küchenutensilien, Möbel, Spielzeug für die Kinder lagen auf Paletten.
„Ein Schreibtisch mit einem Ordner, in dem erfasst wurde, wer schon was bekommen hat, war unser Büro“, erzählt die langjährige KWS Mitarbeiterin. „In dieser Zeit haben wir einfach nur gemacht. Jeder das, was er gut konnte.“
„In dieser Zeit haben wir einfach nur gemacht. Jeder das, was er oder sie gut konnte.“
Stephanie Düpree
Neustart auf 300 Quadratmetern
Ein Dreivierteljahr später zog das Spendenmagazin um, das war im Herbst 2016. Alle packten mit an, um am neuen Ort auf 300 Quadratmetern eine ansehnliche Präsentationsfläche zu schaffen. Die KWS’ler bauten Regale auf, 200 Kartons mussten ausgeräumt werden. Prallgefüllte Kartons – denn im Winter 2015 zeigten sich die Menschen in Einbeck großzügig. „Es herrschte eine große Spendenbereitschaft“, erinnert sich Stephanie Düpree.
Die Begegnung mit den neuen Nachbarn erforderte, sich mit den Themen Flucht, Ankunft, Fremdheit und Heimat auseinanderzusetzen. Das galt für alle Menschen in Einbeck, aber ganz besonders für die Helfer. „Wir lernten Kulturen neu und anders kennen und verstehen. Wir haben gelernt, dass jeder seine Geschichte hat und mitbringt“, sagt die Helferin.
KWS unterstützte Engagement
Dass sie und ihre Kollegen – zu Beginn waren es rund vierzig, später ein harter Kern aus bis zu neun Leuten – sich so umfassend engagieren konnten, machte KWS als Arbeitgeber möglich. „KWS hat jedem Mitarbeiter für sein Engagement in der Flüchtlingshilfe bis zu vier Stunden pro Woche als Arbeitszeit gutgeschrieben“, sagt Christina Zöllner, langjährige Betriebsrätin. Die KWS hat Einbecker Wurzeln, aber internationale Standorte und einen Blick in die ganze Welt. „Da gehört auch dazu, Menschen zu helfen, denen es in ihrer Heimat nicht gut geht.“
Ob Teppiche, Kochtöpfe, warme Decken oder Kinderspielzeug – im Spendenmagazin gab es alles für die Erstversorgung neu angekommener Flüchtlinge
„Die Gutschrift von vier Arbeitsstunden für den Einsatz in diesem Projekt ist nicht selbstverständlich“, weiß Christina Zöllner. Sie war seit Winter 2015 bis zuletzt für die Koordination der ehrenamtlichen Kollegen zuständig.
Seit Ende September 2019 ist die akute Not gelindert, die Förderung durch den Landkreis ausgelaufen – und das Spendenmagazin geschlossen. Die Sachspenden werden in den „Fairkauf“ der Harz-Weser-Werkstätten übergehen. Denn in den vergangenen Jahren sei eines deutlich geworden, sagt Christina Zöllner: „Es gibt genug Menschen, die auf Spenden und Hilfen angewiesen sind.“
Mehr als Flüchtlingshilfe
Und so beschränkte sich die Hilfe der Ehrenamtlichen in den vergangenen Jahren nicht nur auf die Versorgung der Geflüchteten im Spendenmagazin und ihre Betreuung bei Amtsgängen oder Sprachtrainings. Sondern auch viele Einbecker, die am Existenzminimum oder darunter leben, kamen ins Spendenmagazin, um für wenig Geld einzukaufen. „Auch das war eine wichtige Erfahrung für uns“, erinnert sich Stephanie Düpree. „Mir geht es gut, und warum sollte ich dann nicht helfen und was geben?“
Was vom Spendenmagazin bleibt, ist mehr als die Erinnerung an viele auch witzige Momente, in denen sprachliche Barrieren mit Händen und Füßen überwunden wurden. „Wir haben eine Hürde genommen“, beschreibt Stephanie Düpree den langfristigen Erfolg. „Wir wissen jetzt, wie einfach es ist, zu helfen, und dass wir von unserem Arbeitgeber KWS dabei unterstützt werden.“
„Es gibt genug Menschen, die auf Spenden und Hilfe angewiesen sind.“
Christina Zöllner
Michael Büchting: „Vielen bei der Integration geholfen“
Die WhatsApp-Gruppe, über die sich die Ehrenamtlichen in den Jahren ausgetauscht und ihre Aktionen geplant haben, gibt es noch. Michael Büchting bedankt sich für den besonderen Einsatz der KWS Mitarbeiter: „Dem Einsatz dieser Mitarbeiter und der Unterstützung durch die KWS, auch durch das zur Verfügung gestellte Lager ‚im alten Aldi‘, ist es zu verdanken, dass die Diakoniestiftung 2015 ihrer selbst gestellten Aufgabe der Erstversorgung der neu angekommenen Flüchtlinge nachkommen konnte. Natürlich war der Landkreis für die Grundversorgung verantwortlich; aber ein Teller oder Besteck pro Person reicht einfach nicht. Fußkalt waren die Wohnungen, man brauchte Teppiche, Kochtöpfe, warme Decken, Toaster, Föhn, Kinderspielzeug und einen Staubsauger. Und wir waren ein Anlaufpunkt, wo die Flüchtlinge ganz normale Menschen trafen, ohne Bürokratie, wo sie einfach ankommen konnten. Ich bin überzeugt, dass das vielen bei der Integration geholfen hat.“
Das ging, so sagt Michael Büchting, nach dem Umzug natürlich weiter. Aber die Bedürfnisse änderten sich mit der Zeit. „So war es folgerichtig, dass das Sachspendenmagazin, wie es mittlerweile hieß, nach vier erfolgreichen Jahren geschlossen wurde.“ Es gibt aber eine Nachfolge: „Mit den Harz-Weser-Werkstätten ist für Kontinuität gesorgt.“ |
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