Menschen

Schwerbehindertenvertretung

Beratung

Dem Gespenst den Schrecken nehmen

Elke Herrmann und Tamanie Polley, KWS Schwerbehindertenvertreterinnen in Einbeck, beraten und unterstützen Mitarbeiter mit Schwerbehinderung.

Eine fehlende Niere, starke Schwerhörigkeit, psychische Leiden wie Depressionen oder schwere Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes – nichts davon sehen wir unserem Gegenüber direkt an. Dennoch können diese wie viele weitere Gründe dazu führen, dass Menschen schwerbehindert sind. „Eine Schwerbehinderung hat viele Facetten, die man oft nicht sieht. Sie ist nicht immer hochdramatisch“, weiß die Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei KWS, Elke Hermann.

Was heißt das denn, schwerbehindert? Eine Frage, die Elke Herrmann oft gestellt wird. Formal geregelt ist dieser Status im neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dieses will Menschen mit Behinderung in ihrer Selbstbestimmung und der gesellschaftlichen Teilhabe fördern und Benachteiligungen entgegenwirken. Paragraf 2 bestimmt den Begriff (siehe Infobox).

Bei KWS in Einbeck arbeiten knapp fünfzig Mitarbeiter mit offizieller Schwerbehinderung. Aber niemand ist verpflichtet, eine Schwerbehinderung beim Arbeitgeber anzugeben. Es ist jedoch sinnvoll, denn bei einem Grad der Behinderung von über fünfzig Prozent greift der Nachteilsausgleich: So kann man Schwerbehinderung bei der Einkommensteuer geltend machen, erhält mehr Urlaub und besonderen Kündigungsschutz. Das Unternehmen kann öffentliche Gelder beantragen, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Sind bei einem großen Arbeitgeber wie KWS weniger als fünf Prozent der Mitarbeiter schwerbehindert, werden Abgaben fällig.

Zehn Prozent der Deutschen haben eine Schwerbehinderung

In Deutschland sind rund 7,7 Millionen Menschen schwerbehindert. Das entspricht 9,4 Prozent der Bevölkerung. Da es keine Meldepflicht gibt, liegt die tatsächliche Zahl höher. Zu den Schwerbehinderten zählen zum Beispiel 953.700 Schmerzpatienten, 354.500 Sehbehinderte und 319.000 Schwerhörige. Mit knapp 25 Prozent ist eine Beeinträchtigung innerer Organe der häufigste Grund für eine Schwerbehinderung.

Elke Hermann, seit 23 Jahren bei KWS, vertritt die besonderen Interessen schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter oder konkret von Behinderung bedrohter KWS’ler in Einbeck. „Ich bin nicht freigestellt, aber ich darf meine Aufgaben als Agrarwirtschaftlich-technische Assistentin sofort liegen lassen, wenn ich als Schwerbehindertenvertreterin gebraucht werde.“

Helfen Schwerbehinderten mit Rat und Tat: Elke Herrmann (re.) und Tamanie Polley (li.)

Absolute Schweigepflicht

Für die Schwerbehindertenvertretung (SBV) gilt Verschwiegenheit, sofern keine Gefahr droht. „Was ich mit wem bespreche, geht niemanden etwas an, auch nicht Personalabteilung und Betriebsrat. Ich schreibe Schwerbehindertenvertretung auf meinen Stundenzettel. Ansonsten wird ohne Absprache nichts niedergeschrieben“, erklärt Elke Hermann.

Die SBV hat keinen eigenen Raum. Daher ist es am besten, Elke Hermann anzurufen. Sie findet dann einen ruhigen Ort. „Damit wir reden können“, sagt sie. Denn Reden, das ist wichtig für die 47-Jährige. „Viele Menschen haben Scheu, die will ich abbauen. Wir wollen dem Gespenst den Schrecken nehmen – das geht nur mit Offenheit. Ihnen steht Hilfe zu. Hier stempelt Sie niemand ab.“ Klare Worte einer Frau, die weiß, worum es geht.

Kenntnisreich, empathisch und lebenserfahren

Elke Herrmann wurde vorgeschlagen für das Amt und ordentlich von der Versammlung der Schwerbehinderten gewählt. Seit November 2018 ist sie hauptverantwortlich. Wenn sie nicht da ist, wird ihre Stellvertreterin Tamanie Polley tätig. Beide Frauen haben zwei Fortbildungen absolviert, weitere folgen.

Dank ihrer persönlichen Geschichte geht Elke Herrmanns Verständnis für die Situation der Mitarbeiter mit Schwerbehinderung weit über die Kenntnis des deutschen Sozialrechts hinaus. Denn sie selbst überstand eine schwere Erkrankung. Aus dieser Zeit weiß sie: „Behördenkram und Anträge – da hätte ich Hilfe gebraucht. Ich musste ja um mein Leben kämpfen.“ Daraus leitet sich ihr Anspruch an ihre Arbeit in der SBV ab: „Mit dem Papierkram möchte ich Menschen unterstützen.“

Auf die Frage, wie sie KWS während und nach ihrer Krankheit erlebt habe, sagt sie: „Ich habe einen super Vorgesetzten, der alles getan hat, meinen Wiedereinstieg bestmöglich zu gestalten.“ Trotz positiver Erfahrungen erlebt Elke Hermann, dass Menschen oft vorverurteilt werden, eben weil man Schwerbehinderungen nicht immer sieht. Oder wie in ihrem Leben Einschränkungen in der Belastbarkeit auch nach Genesung und Reha nicht verschwinden. „Das zu akzeptieren ist für einen selbst schwer genug.“

„Viele wissen gar nicht, welche Entlastungen überhaupt möglich sind.“

Ein Amt mit Strahlkraft

Elke Herrmann hat eine klare Haltung: „Es ist bewundernswert, wie Mitarbeiter mit ihrer Behinderung zurechtkommen. Ich will das Thema ins Bewusstsein rücken.“ Dabei kann die SBV auf Wunsch vermitteln zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Sie kennt Selbsthilfegruppen, die oft eine Stütze sind.

Und Elke Herrmann möchte Menschen erreichen, die gar nicht wissen, dass sie Anspruch auf Unterstützung haben: „Bescheiden müsst Ihr nicht sein. Lasst Euch beraten. Oft können wir helfen.“ Hilfe ist dabei ganz individuell. Mancher braucht nichts Besonderes. Wer mit Rückenleiden kämpft, dem erleichtert vielleicht ein spezieller Stuhl die Arbeit. Es gibt viele Möglichkeiten.

Schutz der Gemeinschaft

„Ich will ins Bewusstsein der Leute! Je mehr wir drüber reden, desto weniger unheimlich ist es. Denn: Niemand kann etwas dafür, dass er krank wird. Scham und Schuld dürfen nicht sein. Betroffene haben einen Nachteil, den versuchen wir auszugleichen, damit sie gesund und gern arbeiten und einen guten Job machen können.“ |

Kontakt:

Elke Herrmann
Tel. +49 5561 311 569
Mobil +49 151 188 55 616
elke.herrmann@kws.com


Tamanie Polley

tamanie.polley@kws.com

Infobox

Darum geht’s

§ 2 SGB IX Begriffsbestimmungen

  • Menschen mit Behinderung haben körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern.
  • Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
  • Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. |

Erkennungszeichen: „Unser Poster hängt an vielen Stellen bei KWS aus. Es zeigt Anonymität und Menschen in ihrer Verschiedenheit“, so Elke Herrmann.


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