Arbeit

Gemüse

Aus drei mach zwei: Simon Walter, Léon Broers und Ruheständler Paul Degreef (von links).

Wechsel in der BU-Leitung

„Wir haben viele Chancen, die Zukunft zu gestalten“

Nach vier Jahren übergibt Paul Degreef die Leitung der Business Unit Gemüse an Léon Broers und Simon Walter. Léon Broers gehört seit letztem Jahr zum Führungsduo, Simon Walter stößt neu dazu. Im Interview sprechen sie über Erfolge, Zukunftspläne und Geduld als wichtige Tugend.

Wie hat sich die Business Unit Gemüse in den ersten vier Jahren entwickelt?

Paul Degreef: Wir sind fast überall so weit gekommen, wie wir das geplant hatten. Zunächst ging es darum, unsere eigenen Züchtungsprogramme aufzubauen und die richtigen Leute dafür zu finden, solche mit der richtigen Mentalität für KWS – also Teamplayer. Wir haben das weltweit geschafft – trotz Covid! – und sind jetzt ein Team von 240 bis 250 Kolleginnen und Kollegen, die Saisonkräfte nicht eingerechnet. Ein weiterer wichtiger Aspekt war der Aufbau von Züchtungsstationen an unseren Zielstandorten. Auch dies haben wir bis auf Indien und China umgesetzt. Zudem haben wir einige Aktivitäten im Bereich der Einlizenzierung aufgenommen und wichtige Meilensteine hinsichtlich passender Akquisitionen erreicht. Sowohl Geneplanta aus Italien als auch Pop Vriend Seeds aus den Niederlanden sind integriert und für die Zukunft aufgestellt. Mit Pop Vriend haben wir uns von Anfang an als Marktführer bei Spinat und Bohnen positioniert. Bei Roter Beete werden wir Fortschritte machen, bei Tomaten ebenso – Geneplanta hat bereits in Mexiko, Brasilien, der Türkei und im Mittelmeerraum Tomatensaatgut auf dem Markt.

Léon Broers: Aber es gibt in den nächsten fünf bis zehn Jahren auch noch viel zu tun und zu erreichen. 2027/2028 sollen planmäßig die ersten Verkäufe aus unseren eigenen Züchtungsprogrammen erfolgen. Dies ist für mich ein entscheidender Meilenstein, und ich bin zuversichtlich, dass wir diesen wie geplant erreichen.

„Entscheidend für die weitere Entwicklung sind Menschen, Menschen, Menschen.“

Paul Degreef

Wie würden Sie unsere aktuelle Marktposition beschreiben?

Paul Degreef: Als wir vor vier Jahren angefangen haben und Lizenzen erwerben wollten, fragten Mitbewerber, was wir denn zu bieten hätten. Die Antwort lautete: „Nichts.“ Mittlerweile haben sie gesehen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wir einstellen und wie stark wir expandieren, und jetzt sind sie offen dafür, mit uns ins Gespräch zu kommen.

Léon Broers: Und man sollte den Namen KWS nicht unterschätzen. Wir sind als sehr verlässliches und glaubwürdiges Unternehmen bekannt.

Simon Walter: Gleichzeitig müssen wir die Erwartungen richtig managen. Wenn jemand in den ersten Jahren schwarze Zahlen sehen wollte, war dies die falsche Erwartung. Es ist sehr wichtig, dass alle das verstehen. Man kann es mit anderen unserer Projekte vergleichen: Raps etwa hat sich in den letzten Jahren herausragend entwickelt. Die gleiche Erfahrung werden wir mit unserem Sonnenblumengeschäft machen. Es wird Zeit brauchen, aber letztlich wird auch die Business Unit Gemüse liefern.

Léon Broers, warum haben Sie sich 2022 zu diesem Weg entschlossen, nachdem Sie zuvor viele Jahre Mitglied des Vorstands waren?

Léon Broers: Es ändert sich natürlich viel, wenn man aus einer Position auf höchster Ebene mit entsprechendem Einfluss in eine Position wechselt, in der man sich auf eine eher operative Rolle einstellen muss und praktisch auf der anderen Seite des Tischs sitzt. Warum habe ich es gemacht? Es ist so eine Art Kindheitstraum. Welches andere Unternehmen würde einen Geschäftsbereich von Grund auf neu aufbauen, der erst nach fünfzehn Jahren Geld verdienen wird? So etwas ist nur möglich, wenn es eine Aktionärsfamilie gibt, die in Generationen denkt.

Ein Großteil der Gemüseaktivitäten wird von Wageningen aus gesteuert. Im Bild: Jeroen Rombout, Technischer Assistent der Doppelhaploidenproduktion.

Wie sieht es bei Ihnen aus, Simon Walter? Warum haben Sie sich entschieden, bei der Business Unit Gemüse einzusteigen und die Business Unit Mais Europa zu verlassen?

Simon Walter: Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich mich für das Gemüse entschieden habe, nicht gegen den Mais. Beide Aufgaben sind überaus attraktiv und bieten unglaubliche Chancen. Was ich interessant finde, ist, dass Teile unseres Gemüsegeschäfts noch in der Aufbauphase sind. Es ist unglaublich, was Paul seit 2019 entwickelt hat, und dies muss mit voller Kraft fortgesetzt werden. Wir haben viele Chancen, die Zukunft zu gestalten. Die Möglichkeit, daran mitzuwirken, war ausschlaggebend für meine Entscheidung.

Sind die beiden Business Units
vergleichbar?

Simon Walter: Mais Europa ist im Hinblick auf die Mitarbeiteranzahl in Europa die größte Organisation in der KWS Gruppe und sehr weit entwickelt, aber immer noch in einer Wachstumsphase, was bestimmte Segmente wie Körnermais und Sonnenblume angeht. Dagegen befindet sich die Business Unit Gemüse ­aktuell in einer Phase des schnellen Aufbaus und Wachstums. Gleichzeitig unterscheidet sich Gemüse sehr von den meisten Feldfrüchten, mit denen wir hier bei KWS arbeiten, nicht nur vom Mais. Besonders im Hinblick auf die Marktdynamik, die Volatilität der verschiedenen Segmente, die Kunden und das Tempo der Züchtung.

Léon Broers: Das sehe ich genauso. Die Volatilität der einzelnen Gruppen ist viel größer. Es ist ein Balanceakt – man braucht ein breiteres Portfolio, weil es immer Schwankungen bei Umsatz und Gewinn geben wird.

Was wird entscheidend dafür sein, unsere Ziele für die Zukunft zu erreichen?

Paul Degreef: Wir müssen auf dem aufbauen, was wir bereits erreicht haben – durch Verdichtung, Feinabstimmung und den Aufbau neuer Züchtungsprogramme. Entscheidend dafür sind: Menschen, Menschen, Menschen. Außerdem – und das ist sehr wichtig – wird KWS ein eigenes Vertriebs-, Marketing-, Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk für Gemüse aufbauen müssen. Produktmanager und Züchter müssen hierbei ein echtes Team bilden.

Simon Walter: Genau. Wir sprechen nicht die gleichen Endkunden an wie mit unserem Vertrieb und Marketing bei Feldfrüchten. Im Körnermais ist es zum Beispiel sehr klar, was die Kunden wollen: Ertrag, Ertrag und noch einmal Ertrag, unter allen Bedingungen. Bei Gemüse unterscheiden sich die Kundenanforderungen von Segment zu Segment oder sogar innerhalb eines Segments: Wir müssen nicht nur die Anbauer berücksichtigen, sondern die ganze Wertschöpfungskette vom Anbau bis hin zum Verkauf. Und das macht die Verbindung des Kunden zu Forschung und Entwicklung so wichtig. Wer das nicht hinbekommt, hat vielleicht starke Produkte im Angebot – allerdings in einem Segment ohne Nachfrage.

Léon Broers: Gute Produkte allein sind nicht genug. Es müssen auch die richtigen Produkte sein. Züchtung, Produktmanagement, Marketing und Vertrieb müssen eng verzahnt sein, damit wir die Märkte und ihre unterschiedlichen Anforderungen genau kennen und dieses Wissen wiederum in unserer Produktentwicklung umsetzen.

Mit unseren Fruity Crops (Tomate, Paprika, Gurke, Melone und Wassermelone) sind wir auf einem guten Weg.

Sie vergleichen die Business Unit Gemüse mit einem Start-up innerhalb eines größeren Unternehmens. Was meinen Sie damit?

Léon Broers: Wir arbeiten in einer Start-up-ähnlichen Umgebung, die viel Raum für unternehmerisches Denken und Handeln lässt – in einem geschützten Rahmen, weil wir Teil von KWS sind. Tatsächlich ist das wohl die luxuriöseste Form eines Start-ups, die man sich vorstellen kann. Was aber nicht heißt, dass die Business Unit Gemüse sich alles leisten kann. Unser Ziel ist, mit Gemüse ganz klar zum Erfolg von KWS beizutragen.

Simon Walter: Diese Start-up-ähnliche Umgebung sehen wir auch innerhalb der Business Unit selbst: Mit Pop Vriend haben wir einen Teil der Business Unit, der bei Spinat und Bohnen bereits führend ist und wo es darum geht, die Marktposition (weiter) zu stärken. Auf der anderen Seite haben wir die sogenannten Fruity Crops – Tomate, Paprika, Gurke, Melone und Wassermelone –, die sich voll in der Entwicklung befinden. Dieser Mix ist großartig, denn er sorgt für wechselseitige Impulse innerhalb der Business Unit.

Léon Broers: Dank der Übernahme von Pop Vriend gleich zu Beginn nimmt die Außenwelt unser Vorhaben sehr, sehr ernst. Dies macht es für uns auch einfacher, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.

Paul Degreef, Sie werden nach mehr als 25 Jahren im Gemüsegeschäft in den Ruhestand gehen. Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht, was sind Ihre Pläne für die Zukunft, und was wird Ihnen fehlen?

Paul Degreef: Auf jeden Fall bin ich viel herumgekommen. Das Schöne an unserem Job ist, dass wir uns immer außerhalb der Städte in wunderschönen Landschaften aufhalten. Ich erinnere mich an eine 15-stündige Fahrt zu einer Züchtungsstation im Himalaja – wunderbar! Genauso wie Mexiko, China oder das indonesische Hochland. Aber wenn ich gefragt werde, wo ich leben möchte, antworte ich immer: in meiner Heimat, den Niederlanden. Ich habe eigentlich keine Pläne für die Zukunft, und ich bin nicht der Typ, der etwas vermisst. Ich habe viele Interessen – lesen, gärtnern –, und ich freue mich, dass ich Zeit dafür haben werde. Ich habe mein Berufsleben seit 1986 immer genossen, ich konnte Teil einer großen Sache sein. Ich bin dankbar dafür, dass mir diese Chance gegeben wurde, und zuversichtlich, dass die Reise für KWS erfolgreich weitergehen wird. |


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