Arbeit

Sorten- und Patentschutz

Die Pflanzenzüchtung braucht neue und klassische Methoden. ACLP bietet eine Lösung, um Innovationen für Züchter verfügbar zu machen.

Lizenzierungsplattform ACLP

„Die Züchtung erlebt einen Wandel“

Mit der neuen Lizenzierungsplattform ACLP beantworten KWS und weitere große wie kleine Züchtungsunternehmen die Frage, wie sich Patente auf Pflanzenmerkmale und konventionelle Züchtung besser vereinbaren lassen.

Über Jahrzehnte nutzten Pflanzenzüchter konventionelle Züchtungsmethoden, basierend auf freiem Zugang zu öffentlich verfügbarem Pflanzenmaterial. Durch die Nutzung wichtiger neuer Technologien werden Pflanzenmerkmale jedoch vermehrt patentierbar – ein Hindernis für die konventionelle Züchtung. Daher bedarf es neuer Ansätze in Bezug auf geistiges Eigentum (IP), die beides sicherstellen, sowohl die konventionelle Züchtung als auch die Nutzung neuer Technologien. Welche Lösungsansätze die neue Plattform ACLP bietet, erklärt Claudia Hallebach, Leiterin der Abteilung Global Legal & Intellectual Property.

Frau Hallebach, im Januar ist die Lizenzierungsplattform ACLP online gegangen. Sowohl alle großen Pflanzenzüchtungsunternehmen von Bayer bis KWS als auch kleine Züchter sind daran beteiligt. Was hat es damit auf sich?

Wir erleben aktuell einen Wandel in der Pflanzenzüchtung. Zur klassischen Kreuzung und Selektion kommen neue Züchtungsmethoden. Wir brauchen das Konventionelle für die Variationen, aber wir brauchen auch die neuen Technologien, um Innovationen sicherzustellen und die Ziele des European Green Deals zu erreichen: In relativ kurzer Zeit bis 2030 müssen Landwirte mit etwa fünfzig Prozent weniger chemischen Pflanzenschutzmitteln und mindestens zwanzig Prozent weniger Düngemitteln auskommen und zugleich auf weniger Flächen einen höheren Ertrag sicherstellen. Wir sind überzeugt, dass Neue Züchtungsmethoden (NGTs) die Entwicklung neuer und besserer Sorten ungemein beschleunigen können. Daher hoffen wir, dass der angekündigte Gesetzesentwurf der EU-Kommission NGTs nicht länger als Gentechnik klassifizieren wird und uns damit der Weg geebnet wird, diese Technologie wirklich einsetzen zu können. Allerdings sind rechtliche Probleme durch Schutzrechte entstanden. Dieses Problem beheben wir mit der Lizenzierungsplattform.

Um welche Schutzrechte geht es?

In der Pflanzenzüchtung gibt es zwei Schutzrechte: den Sortenschutz und den Patentschutz. Beim Sortenschutz handelt es sich vereinfacht gesagt um eine Art Eigentumsrecht: Wer eine Sorte auf klassische Weise züchtet und schützen lässt, sichert sich das alleinige Recht, diese Sorte zu vermarkten. Bei Patenten hingegen geht es um Pflanzenmerkmale, die nicht durch Kreuzung entwickelt werden, sondern mithilfe neuer Technologien, also technisch. Diese Merkmale sind nicht auf eine Sorte beschränkt, sondern lassen sich – einmal entwickelt – in viele Sorten einkreuzen. Und sie fallen nicht unter den Sorten-, sondern den Patentschutz.

Worin liegt nun das Problem?

Der Sortenschutz hat bewusst Grenzen, denn die Pflanzenzüchtung lebt von Diversität des Züchtungsmaterials: Der sogenannte Züchtervorbehalt erlaubt es Wettbewerbern deshalb, Sorten am Markt zu kaufen, um sie in eigene Sorten einzukreuzen. Dadurch entsteht eine neue Sorte, die vom neuen Züchter wiederum geschützt und vermarktet werden darf. Mit dieser Regelung sind wir viele Jahrzehnte gut gefahren. Wenn nun aber eine Sorte ein patentgeschütztes Merkmal enthält, dürfen Wettbewerber mit diesem Saatgut nicht weiterkreuzen, denn ein Bestandteil genießt ja Patentschutz. Der Züchtervorbehalt ist gewissermaßen ausgehebelt.

Claudia Hallebach: „Wir wollen Innovationen für alle zugänglich machen.“

Da klingt es plausibel, dass es Gegner des Patentschutzes in der Züchtung gibt.

Das mag richtig sein in Bezug auf die Befürchtung, dass ansonsten Monopole entstehen könnten – aber das verhindern wir mit der neuen Plattform ja, die jedem Mitglied Lizenzen zu standardisierten und fairen Konditionen garantiert. Darüber hinaus dürfen wir Europa nicht isoliert betrachten: Im Rest der Welt sind Pflanzenmerkmale patentierbar. Für uns aber entscheidend: Fehlender Patentschutz wäre ein Innovationsdämpfer. Wenn wir neue Züchtungsmethoden wie die Genschere CRISPR/Cas nutzen wollen, müssen wir als Unternehmen teure Lizenzgebühren an die Erfinder dieser Methoden zahlen, zum Beispiel an Universitäten. Wenn nun Pflanzenmerkmale, die wir mit diesen Technologien entwickeln, für alle kostenlos verfügbar wären, müssten wir uns fragen: Ist dann noch genügend Anreiz vorhanden, zu investieren? Wer es dennoch täte, würde ein Pflanzenmerkmal erst einmal geheim halten – und damit Innovation eher bremsen.

Bei einer Patentanmeldung ist das anders?

Ja, man muss bei der Anmeldung sehr genau beschreiben, um welches Pflanzenmerkmal es geht und was es in einer Pflanze bewirkt. Dadurch weiß der Wettbewerb frühzeitig, dass es diesen Trait gibt, er kann seine Schlüsse daraus ziehen und ein Merkmal nachbauen – bisher aber keine eigenen Sorten damit züchten und vermarkten. Durch die garantierte Lizenzierung ändert sich dies nun dank der Plattform.

Inwieweit? Welche Funktion hat die ACLP?

Die Agricultural Crop Licensing Platform hat mehrere Komponenten. Angenommen, ich bin Züchter und sehe, dass ein konkurrierendes Unternehmen eine trockentolerante Sorte auf den Markt gebracht hat. Nun weiß ich zunächst nicht, ob diese Sorte durch klassische Züchtung oder neue Züchtungsmethoden entstanden ist. Dieses Problem beheben wir mit der Plattform, weil sich alle ACLP-Mitglieder verpflichtet haben, ihre Sorten mit patentierten Merkmalen in eine Datenbank einzutragen. Will ich nun mit solch einer Sorte züchten, bekomme ich als ACLP-Mitglied eine kostenlose Lizenz. Wenn das patentierte Merkmal bei meinem eigenen Saatgut nicht greift, dann lasse ich es einfach. Wenn es aber funktioniert und ich mein Saatgut mit diesem Trait vermarkten will, dann einige ich mich mit dem Inhaber des Patents auf eine Lizenzgebühr. Die Summe wird aber erst dann fällig, wenn ich mit meiner Sorte auch tatsächlich auf den Markt komme – und auch nur so lange, wie der insgesamt zwanzigjährige Patentschutz noch greift. Bei den langen Entwicklungszeiten in der Pflanzenzüchtung ist die Dauer, in der Lizenzgebühren anfallen, also in der Regel deutlich kürzer als zwanzig Jahre.

Nicht nur Pflanzenmerkmale selbst, sondern auch Techniken zum Aufspüren von Pflanzenmerkmalen sind patentierbar. Lizenzen für diese Techniken bieten wir über die eigens gegründete Plattform TraitWay an.

Welches Risiko gehen die beteiligten Unternehmen dahingehend ein, dass Wettbewerber mit dem Trait schneller eine Sorte auf den Markt bringen als man selbst?

Wir haben dieses Risiko bewusst minimiert und wie beim Sortenschutz definiert: Erst wenn eine Sorte mit dem Trait auf dem Markt erhältlich ist, dürfen Wettbewerber beginnen, ihn in eigenes Saatgut einzukreuzen. Aber ja, global betrachtet besteht das Risiko – wenn beispielsweise ein Trait in Kroatien schon auf den Markt kommt, in Frankreich aber noch nicht, dann könnte ein Wettbewerber dort schneller sein als der Entdecker des Merkmals.

Gibt es außer den bereits genannten Gründen noch weitere Argumente, weshalb sich alle großen Züchtungsunternehmen trotzdem an der Plattform beteiligen?

In der Europäischen Union geht es um die Akzeptanz der neuen Züchtungsmethoden an sich. Kritiker argumentieren häufig, dass die Patentsituation zu Monopolen durch die großen Züchter führen könnte und Pflanzenmerkmale, die damit hergestellt wurden, nicht für alle nutzbar seien. Dem wollen die großen Züchter mit der Plattform entgegenwirken. Wir senden daher auch eine wichtige politische Botschaft für die Akzeptanz von NGTs in Europa.

Welche Verpflichtung gehen die Mitglieder ein?

Um die Vorteile der Plattform nutzen zu können, gibt es einen gestaffelten Mitgliedsbeitrag, der für die Verwaltung notwendig ist – die ACLP ist non-profit und muss keine Gewinne einfahren. Je mehr Mitglieder, desto günstiger wird es also. Und es besteht die Pflicht, mindestens fünf Jahre dabei zu sein und die Pflanzenmerkmale weitere fünf Jahre verfügbar zu lassen. Selbst wenn ein Unternehmen einen supertollen Trait findet, kann es also nicht einfach schnell austreten.

Schon bevor die ACLP an den Start ging, ist KWS mit der eigenen Plattform TraitWay vorgeprescht. Was hat es damit auf sich?

Im Patentrecht gibt es Graubereiche: Auch durch klassische Züchtung kann man Pflanzenmerkmale entwickeln, die mit neuen Züchtungsmethoden patentierbar wären. Eine Regelung aus dem Jahr 2018 legt aber fest, dass solche Native Traits nicht patentiert werden dürfen. Allerdings können Techniken, um diese Native Traits zu finden, patentierbar sein – beispielsweise die Lupe, also der Marker, um sie schneller aufzuspüren. Diese Techniken sind Gegenstand der Lizenz, die wir über TraitWay anbieten, zudem alle vor 2018 entwickelten patentierten Native Traits. Auch damit haben wir ein Signal an die Politik gesendet: Wir meinen es wirklich ernst, wir wollen Innovationen für alle zugänglich machen. |

Weitere Infos zur Lizenzierungsplattform ACLP


© KWS SAAT SE & Co. KGaA 2025