Züchtung

Hybride

Überflieger

Der Roggen rockt

Wenn Reinhard von Broock von der Erfolgsgeschichte des Hybridroggens bei KWS erzählt, dann erwähnt er zwei Ereignisse. Das eine erforderte Mut und vergrößerte unseren Wettbewerbsvorteil. Das andere war ein Desaster – mit glimpflichem Ausgang.

Roggen hat bei der heutigen Business Unit Getreide immer eine große Rolle gespielt: Nach dem Ersten Weltkrieg war das Getreide neben Hafer auf einer größeren Fläche verbreitet als Weizen. Der Roggen hält sich weiterhin wacker aufgrund seiner Eigenschaften, auch bei Trockenheit und auf ärmeren Böden guten Ertrag zu bringen. Die Forschung hat daran ihren Anteil: „Roggen ist noch lukrativ, weil es die Hybriden gibt“, sagt Reinhard von Broock, von 1992 bis 2011 Geschäftsführer der KWS LOCHOW GMBH.

1967 war an der Uni Hohenheim das Sterilitätsplasma entdeckt worden, das für die Hybridzüchtung nötig war. KWS legte ein Zuchtprogramm auf, verfolgte es anfangs aber noch nicht mit höchster Priorität.

1984 stellte die Uni Hohenheim den Züchtungsunternehmen drei erste Hybriden zur Verfügung. Die KWS bekam die Sorte AKTION. Ihre Vorteile waren anfangs gering, aber unsere Züchtung brachte den Hybridroggen immer weiter voran. „Richtig Schwung“ kam mit Peer ­Wilde, der 1988 bei der KWS anfing, schwärmt Reinhard von Broock. „Ich bezeichne ihn immer als den weltbesten Roggenzüchter.“ 1989 wurde die Sorte MARDER zugelassen – die erste sehr erfolgreiche Sorte auch in Ländern wie Dänemark und Polen.

Chance erkannt

Als Meilenstein bezeichnet Reinhard von Broock, dass Peer Wilde bestehende Züchtungsmethoden umstellte. Er sei davon überzeugt gewesen, dadurch noch höhere Erträge erzielen zu können. Der Haken allerdings: die Umstellungen beanspruchten Zeit, in der keine regulären Züchtungszyklen möglich waren. Allerdings war die KWS ihren wenigen Wettbewerbern um zwei Nasenlängen voraus und sollte sie mit den neuen Methoden schnell wieder abhängen. „Das haben wir zweimal gemacht, und zweimal ist es gut gegangen.“ Auch der Verwaltungsratsvorsitzende ­Andreas Büchting (1992 bis 2003) hatte die Chancen erkannt und das Risiko mitgetragen.

Einmal hätte eine Hybride den guten Ruf des KWS Roggens allerdings fast ins Verderben gestürzt. „Im Juli 1998 hatten wir das FARINO-Desaster“, sagt Reinhard von Broock. FARINO war den bisherigen Sorten haushoch überlegen, wurde groß beworben und wuchs auf Hunderten von Hektar Vermehrungsfläche. Dann aber die Meldungen: Es ist nur Mutterkorn drin, die Ernte wird ein Totalausfall. Als Grund stellte sich eine Pilzanfälligkeit ­heraus. Es kam zu einer Prozesslawine und Boykottaufrufen. Von dem Desaster erholte sich KWS glücklicherweise schnell – dank eines Kulanzangebots für die betroffenen Landwirte und auch, weil die Wettbewerber nichts entgegenzuhalten hatten. „Deren beste Sorte war eine Lizenzsorte – und die stammte von uns selbst.“

Mit Züchtungserfolgen wie PollenPlus, dem Erschließen neuer Märkte wie Kanada und den USA sowie ­neuen Absatzmöglichkeiten wie der Schweinemast oder ­Roggen in der Maissilage hat der KWS Hybridroggen heute einen hohen Stellenwert im Portfolio der KWS. Wie es dazu kam, darüber mutmaßt Reinhard von Broock: ­„Andreas ­Büchting hatte gute Kontakte nach Hohenheim. Sie werden ihm erzählt haben, welche Chancen in der Hybridzüchtung liegen.“ |


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