Unternehmenskultur

Dialog und Kommunikation

Interview

„Auf Augenhöhe
kommunizieren“

KWS ist es in der Kommunikation über viele Jahrzehnte gelungen, Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen – auch bei kritisch beäugten Themen wie der Gentechnik. Weshalb unsere Familienprägung dabei von Vorteil ist, weiß Henning von der Ohe aus fast 35 Jahren in der Unternehmensentwicklung und -kommunikation.

Das Kuratorium Gentechnik in der Pflanzenzüchtung ab den 1990er-Jahren verhalf KWS zu hoher Glaubwürdigkeit.

Welchen Stellenwert hatten Kommunikation und Dialog bei Unternehmen vor vierzig Jahren?

Als ich 1986 zur KWS kam, gab es im Unternehmen noch keine Kommunikationsabteilung. Kommunikation hat der Vorstand selbst gemacht in Zusammenarbeit mit einer kleinen Agentur aus Hamburg. Hierbei ging es vor allem um unternehmenspolitische Themen sowie den Jahresabschluss mit dem Geschäftsbericht. Für Pflanzenzüchtung und Gentechnik hat sich zu dieser Zeit noch niemand interessiert.

Wodurch hat sich das geändert?

Durch die ersten KWS Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben in Deutschland ab 1993 – den ersten Versuchen dieser Art außerhalb des Gewächshauses mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Die Diskussion um die grüne Gentechnik hat von da an bis heute die Kommunikation stark gefordert. Aber auch die Organisation von Besuchen, zum Beispiel im Rahmen des dezentralen Expo-Projektes bei KWS im Jahr 2000, der Besuch von Bundeskanzler Kohl und zahlreicher Bundes- und Landesminister sowie im Jahr 2006 die Organisation der 150-Jahr-Feier mit über 1.500 KWS’lern aus dem In- und Ausland waren spannende und fordernde Projekte.

Was wurde der Leitgedanke von Dialog und Kommunikation?

Menschen und Themen zusammenbringen und auch mit Konflikten umgehen zu können. Auf Kritiker zuzugehen und mit ihnen aktiv in den Dialog zu treten, Kommunikationsbarrieren abzubauen und den Menschen nicht von oben herab zu begegnen – das hat sich KWS nachhaltig auf die Fahnen geschrieben. So kam es auch, dass Andreas Büchting abends allein zum Lagerfeuer der Feldbesetzer ging, um mit ihnen über die Grüne Gentechnik zu diskutieren. Betroffene mit ins Boot zu holen, zu erläutern, warum man etwas macht, war ein neuer Ansatz in der Kommunikation.

Gentechnikprotesten versuchte KWS argumentativ zu begegnen.

Innovationen und neue Technologien sind der Treibstoff fürs Wachstum und damit essenziell für den Unternehmenserfolg. In Teilen der Bevölkerung werden Technologien eher skeptisch beäugt. KWS hat in den Neunzigern mit den ersten Anwendungen gentechnischer Verfahren aus Sicht der Kommunikation ein extrem schwieriges Feld betreten. Welche Rolle hat die Kommunikation gespielt? Und welche spielt sie heute in der komplexen Diskussion um ­Genome Editing?

Die technischen Hintergründe zu gentechnischen Verfahren und auch Genome Editing dürften über 99 Prozent der Bevölkerung kaum nachvollziehen können. Sicher kann man mit sachlichen Erklärungen das Hintergrundwissen bei einigen Menschen erhöhen, aber entscheidend ist aus meiner Sicht, inwieweit einem Unternehmen (und einer Branche) vertraut wird, dass es verantwortungsvoll mit den neuen Technologien umgeht. In den 1990er- und 2000er-Jahren hat uns in der KWS dabei das von Andreas Büchting initiierte Kuratorium Gentechnik in der Pflanzenzüchtung, in dem Experten unterschiedlicher Fachrichtungen vertreten waren, neue Sichtweisen eröffnet. Die Technologie wurde in den Diskussionen in diesem Gremium nicht nur aus biologischer, sondern auch aus ethischer, landwirtschaftlicher, theologischer (Stichwort Bewahrung der Schöpfung), ökologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht beleuchtet. Dadurch konnten wir mit ganzheitlichem Blick auf die neuen Technologien kommunizieren. KWS wurde dadurch eine hohe Glaubwürdigkeit entgegengebracht, was bei unseren Wettbewerbern wie Monsanto und Co. zulasten der ganzen Branche leider nicht der Fall war.

Wie hebt sich KWS beim Thema Kommunikation von den Wettbewerbern besonders ab?

Durch die Familienprägung und die Unabhängigkeit können wir mit unseren Kunden auf Augenhöhe, auf einer vergleichbaren Werteebene kommunizieren. Wir wissen, wo unsere Kunden der Schuh drückt, bieten Lösungen an, aber akzep­tieren, dass der Landwirt der Entscheider ist, weil er am besten weiß, was für seinen Betrieb gut ist. Damit können wir glaubwürdiger auftreten als Unternehmen mit einer anony­men Eigentümerstruktur und einem häufig kurzfristig denkenden und handelnden Management.

Vor vierzig Jahren gab es Rohrpost und Telex. Wie hat sich die Kommunikation unter dem Einfluss ­neuer Medien verändert? Und was hat Bestand?

Das mag man heute eher mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen, aber Rohrpost und Telex waren zu ihrer Zeit Hightech, und KWS war damit auf der Höhe der Zeit. So hat es in den Werkzeugen der Kommunikation von ­Telex über Telefax, E-Mail bis hin zu den Social Media stetig Neuerungen gegeben. Die Kommunikation konnte damit immer schneller und zielgerichteter an die Zielgruppen der KWS erfolgen. Es ist somit auch nicht davon auszugehen, dass die heutigen Werkzeuge dauerhaften Bestand haben werden, hier wird KWS immer wieder neu am Ball bleiben müssen.

Was aber Bestand haben wird, ist, dass es auf die Botschaft ankommt, die KWS – über welchen Kanal auch immer – sendet. Vertrauen braucht viele Jahre, um es aufzubauen, kann aber durch unehrliche oder fahrlässige Kommunikation schnell verspielt werden. Erfolgreich in der Kommunikation wird KWS in Zukunft deshalb nur sein, wenn das unternehmerische Handeln mit dem übereinstimmt, was nach innen und außen kommuniziert wird. Ich wünsche der KWS immer das richtige Händchen hierfür. |


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