Arend Oetker im Interview
„Es hat beruflich und
menschlich gepasst“
Nach 47 Jahren verlässt Andreas J. Büchting die KWS. Sein langjähriger Wegbegleiter und Mitaktionär Arend Oetker würdigt einen Mann mit Weitblick. Das Gespräch mit ihm ist ein Wegweiser durch dieses Magazin.
Wegbegleiter seit 1994: Andreas Büchting (links) und Arend Oetker
Ein Leben mit und für KWS! Nun ist es also so weit. Mit Andreas Büchting verlässt ein herausragender Familienunternehmer die Kommandobrücke der KWS. Zunächst ab 1978 als Vorstandssprecher, dann ab 2007 bis Ende 2022 als Vorsitzender des Aufsichtsrats hat er mehr als vier Jahrzehnte die Entwicklung unseres Unternehmens maßgeblich geprägt, das er von Kindesbeinen an begleitet hat. Sein Ausscheiden aus den Aufsichtsgremien der KWS zur Hauptversammlung 2022 gibt uns die Gelegenheit, den Mann zu würdigen, der sich nur sehr ungern im eigenen Unternehmen hat würdigen lassen. Nun ist es an der Zeit zu beleuchten, wo und wie AB – so das unternehmensweit bekannte Kürzel des heute 75-Jährigen – den Kurs bestimmt hat, der KWS weiterhin auf Erfolgsfahrt hält. Für diese besondere Ausgabe der KWSintern haben wir mit engen Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern gesprochen.
Der Unternehmer Arend Oetker ist seit 1994 ein verlässlicher Partner im Aktienpool der Familien Büchting und Oetker. Er stand insbesondere während seiner Zeit als Mitglied im Aufsichtsrat Andreas Büchting immer wieder bei strategischen Entscheidungen und in kniffligen Situationen zur Seite.
Wie haben Sie Andreas Büchting kennengelernt?
Das war 1994. Wir wurden von jemandem zusammengebracht, der wusste, dass ich investieren wollte und dass Andreas Büchting einen langfristigen Familienpartner suchte, keine Institution, sondern Menschen, die langfristig hinter der KWS stehen würden. Dann haben wir uns gefunden und es war nicht nur ein beruflicher Fit, sondern auch ein menschlicher. Da ist ein gemeinsames Wertesystem. Wir wollten das Unternehmen unabhängig halten. Das war sein Ziel und meines auch.
Zu dieser Zeit gab es mehrere Übernahmeversuche durch Südzucker. Wie haben Sie Andreas Büchting in dieser Phase erlebt?
Südzucker war immer ein großer Kunde. Deshalb war das für ihn ein wirklich schwieriges Feld. Ich habe ihm geholfen, indem ich dem Südzuckervorstand immer gesagt habe: Ihr könnt machen, was ihr wollt, ihr werdet hier nie die Mehrheit erreichen. Dafür bin ich der Garant. Ich werde diese Aktien nie verkaufen, zu welchem Preis auch immer. Trotzdem zogen sich die Auseinandersetzungen über fast zwei Jahrzehnte hin.
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Wie hat Andreas Büchting das Unternehmen in Hinblick auf den Einsatz biotechnologischer Methoden geprägt?
Biotechnologie ist ein wesentlicher Innovationstreiber, und das war sein Metier. Andreas Büchting hat das gewusst und den Einsatz biotechnologischer Methoden bei der Forschung und Entwicklung neuer Sorten konsequent verfolgt.
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Wie hat er das gesellschaftlich umstrittene Thema Gentechnik kommuniziert?
Vorbildlich. Immer proaktiv und auf Augenhöhe. Wenn verschiedene Gruppen vor der Hauptversammlung protestiert haben, hat er sie aussprechen lassen, ist auf sie eingegangen und hat gesagt, dass er ihre Sorgen verstehen könne. Er hat sie nicht überzeugt, aber hat ihnen eine Plattform gegeben. Dazu gehören Geduld und Verständnis, und das hat er. Transparente und offene Kommunikation war ihm immer sehr wichtig. Seine herausragende Fähigkeit ist sein Umgang mit Menschen. Es ist ihm immer gelungen, Mitarbeiter zu motivieren und auch die Familie zusammenzuhalten. Dazu gehört eine große Empathie für jeden Einzelnen. Das hat er fabelhaft gemacht, das ist unschätzbar wertvoll – für das Unternehmen und die Familie.
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Weitblick: In den 1990er- und 2000er-Jahren machte die Internationalisierung und Diversifizierung der KWS einen weiteren Schritt.
Wo sehen Sie in der strategischen Ausrichtung der KWS in den 1990er- und 2000er-Jahren die Handschrift von Andreas Büchting?
Seine große unternehmerische Leistung ist der Mais. Den Mais über Jahrzehnte zu entwickeln war am Anfang ganz schwierig für ihn. Außerdem hat er die Internationalisierung und Diversifizierung vorangetrieben. Heute sind wir so diversifiziert, dass wir einen großen Vorteil gegenüber den anderen haben, die zum Beispiel auf Mais und Soja fokussiert sind. Wir haben neben der Zuckerrübe und dem Mais das breite Sortiment von Erbsen über Hirse bis zu Getreide ausgebaut. Außerdem ist da auch der Ökobetrieb Wiebrechtshausen. Andreas Büchting vertrat die Auffassung, dass wir ökologische Landwirtschaft auch selbst betreiben müssen, sonst können wir gar nicht mitreden. In all diesen strategischen Fragen waren wir uns über fast drei Jahrzehnte immer einig, das ist nicht selbstverständlich.
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Haben Sie mit Herrn Büchting über die Wiedervereinigung gesprochen?
Natürlich. Er hat gesagt, wir können nicht wieder zurückziehen nach Klein Wanzleben. Aber es lag ihm am Herzen, dort wieder etwas Sinnvolles zu machen. Das war ihm ein Anliegen. Das war auch eine Frage des Traditionsbewusstseins. Sein Vater war schließlich in Klein Wanzleben geboren worden.
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Die unternehmerische Verantwortung in der Familie weiterzugeben ist häufig nicht ganz einfach. Wie hat Andreas Büchting das gelöst?
Grandios. Er hat mit Felix Büchting einen Nachfolger, der fähig und motiviert ist. Er ist gut vorbereitet durch seinen Vater und durch Hagen Duenbostel, der ein großer Stratege ist. In allen Facetten hat er das Unternehmen in gute Hände gegeben.
Was wünschen Sie dem scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden?
Ich wünsche ihm, dass er zufrieden auf sein Leben zurückblickt. Er hat eine großartige Lebensleistung hingelegt, über die er sich jeden Tag freuen kann, und ich hoffe, dass er das noch viele Jahre tun kann. |
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