Arbeit

Ökolandwirtschaft

Jubiläum

Ökologischer Weitblick

Unser Ökostandort in Wiebrechtshausen feiert zwanzigsten Geburtstag. Betriebsleiter Axel Altenweger ist von Beginn an dabei und erzählt, wie ihm die Leidenschaft des Vorstands beim Aufbau geholfen hat.

Als KWS das bis dahin konventionell bewirtschaftete Klostergut in Wiebrechtshausen im Jahr 2002 mit allen bisherigen Mitarbeitern und dem Inventar übernahm, da prallten Welten aufeinander. Axel Altenweger, gerade von einem ökologischen Klostergut aus Bayern als neuer Betriebsleiter gekommen, traf auf eine Belegschaft des ehemaligen Pächters, für die konventionelle Landwirtschaft inklusive chemischer Pflanzenschutzmittel die Normalität war. Auch Axel Altenweger hat früher auf dem Hof seines Schwiegervaters mit Spritzmitteln hantiert. „Aber ich wollte damit nicht mehr in Berührung kommen – weder als Anwender noch bei der Ernte.“

Und so musste der Bayer auf dem Betrieb, den KWS kurz zuvor übernommen hatte, einiges umkrempeln. Dass er überhaupt in unserem Unternehmen anfing, lag an einer neu ausgeschriebenen Stelle für die Leitung eines Versuchsbetriebs nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus. Ein Öko bei KWS – einem Unternehmen, das bis dato bei Ökolandwirten eher unter dem Radar lief? „Als ich Andreas Büchting kennengelernt habe, war mir schnell klar: Das ist eine Herzensangelegenheit von ihm. Und ich sehe selbst Potenzial darin, Schnittmengen zwischen Öko- und konventioneller Landwirtschaft zu nutzen.“

Betriebsleiter Axel Altenweger baute den Standort in Wiebrechtshausen vor zwanzig Jahren mit auf.

Breite Unterstützung aus dem Vorstand

Axel Altenweger spürte von Beginn an die Unterstützung der Unternehmensführung. Andreas J. Büchting hatte bereits vier Jahre zuvor, 1998, eine Projektgruppe gefördert, in die aus den Bereichen Mais, Zuckerrüben, Getreide und Kartoffeln je ein Vertreter berufen war. Mit Philip von dem Bussche, später ebenfalls im Vorstand, sowie Henning von der Ohe aus der Unternehmensentwicklung und Kommunikation gab es weitere wichtige Befürworter, die eine Zukunftsvision verfolgten. Für Axel Altenweger waren sie ein gutes Argument, wenn er auf Skepsis traf: „Der Vorstand sieht es als langfristige Investition – das musste ich oft genug sagen.“

Und noch ein weiteres Ereignis war dem Vorhaben eines ökologischen Versuchsbetriebs zuträglich: Die Europäische Union hatte 1998 die Ökoverordnung eingeführt. „Darin war geregelt, dass Ökobetriebe auch ökologisch erzeugtes Saatgut verwenden müssen“, erklärt Axel Altenweger. „Zuvor reichte es, konventionelles Saatgut zu verwenden und nur auf die Beize zu verzichten, also auf aufgetragenen chemischen Pflanzenschutz. Die neue Verordnung brachte auch die Züchter in die Bringschuld.“

Axel Altenweger erarbeitete also ab 2001 diverse Konzepte, in denen er die Anforderungen an einen ökologischen Betrieb niederschrieb. Das Klostergut war zu dieser Zeit noch gar nicht gefunden. Dann ergab sich durch Zufall die Gelegenheit, den laufenden Pachtvertrag in Wiebrechtshausen zu übernehmen.

▶ Axel Altenweger über die Bedeutung der Ökolandwirtschaft

Vermehrter Umstieg auf ökologische Landwirtschaft

Jetzt erntet unser Ökosaatgut-Team sprichwörtlich die Früchte jahrelanger Vorarbeit. „Konventionelle Landwirte steigen vermehrt um, wenn sie merken, dass es sich für sie lohnt. Früher galten Ökolandwirte bei den konventionellen Landwirten als Hardliner, heute sehen auch konventionelle Landwirte den Nutzen für ihren eigenen Betrieb.“

Weil Landwirten aufgrund von politischen Entscheidungen weniger chemische Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen und Rohstoffe sowie Energie teurer werden, wollen sie zum Beispiel wissen, wie es der Ökolandbau auch ohne diese Mittel hinbekommt. „Für uns ist das eine positive Entwicklung“, sagt Axel Altenweger.

Und sogar die Beziehung der anfangs eher skeptischen traditionellen Ökolandwirte zur KWS hat sich seinen Beobachtungen nach über die Jahre immer mehr gefestigt. Denn nach zwanzig Jahren ist klar: Der Ökolandbau war für KWS nie ein Feigenblatt, um den konventionellen Anbau grün zu waschen – sondern ein klar definiertes strategisches Ziel.

◼ Bilder von der Geburtstagsfeier

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Ziele aus der Strategischen Planung 2031

Dem Wettbewerb ist KWS damit einen Schritt voraus. „Aber die anderen schlafen nicht“, ist sich Axel Altenweger bewusst. Deshalb hat die Sub Business Unit (SBU) die nächsten Ziele im Blick. Verbunden mit den „New ­Sales Models“ unserer Strategischen Planung 2031 soll unser Ökosaatgut auch über ein Onlineshopkonzept zu den Landwirten gelangen. „Das ist kompliziert, weil viel dranhängt, auch logistisch.“ Darüber hinaus will die SBU mit „Connected Seeds“ die zusätzliche digitale Beratung für die Ökokunden etablieren. Und die „Sustainable Agricultural Practices“ aus der strategischen Planung – sie sollen auch global gestreut werden mit dem Ziel der Internationalisierung des Ökogeschäfts.

Mehr Personal

Auch personell hat Wiebrechtshausen aufgestockt: 2020 mit Jenny Matthiesen für die Sortenentwicklung, in diesem Jahr mit den zwei regionalen Ansprechpartnern Pierre Kling und Harmen Gehrke für die Ökolandwirtschaft in Deutschland. Insgesamt arbeiten aktuell sechs Kolleginnen und Kollegen sowie etwa zwölf Saisonkräfte für den Landwirtschaftsbetrieb. Im Außendienst will die SBU auf die bestehende Vertriebsmannschaft setzen. „Es ergibt keinen Sinn, parallel noch was Eigenes aufzubauen. Wir gehen davon aus, dass die konventionellen Vertriebler unsere Ökosorten auch auf dem Schirm haben oder für sich entdecken.“ |


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