Forschung

Pflanzenschutz

Insektenabwehr

Resistent und gut gewappnet

Die Widerstandsfähigkeit von Kulturpflanzen gegen Insekten ist wichtiger denn je. Aurélie Bak und ihr Team suchen nach Lösungen und erforschen vielversprechende Kandidatengene, um neue Eigenschaften zu entwickeln.

Kleiner Kerl, großer Schädling: Um aktiv gegen den Rapserdfloh vorzugehen, arbeiten wir an innovativen Lösungen.

Die Herausforderung? Angesichts des Klimawandels und der Einschränkungen bei der Schädlingsbekämpfung müssen wir unsere Kulturpflanzen noch widerstandsfähiger gegen Insekten machen. Einerseits erfordert der reduzierte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln neue wirksame Ansätze in der Schädlingsbekämpfung. Andererseits sorgt der Klimawandel für eine weltweit zunehmende Ausbreitung von Schädlingen. Daher sind alternative Strategien wie die Entwicklung von Resistenzmerkmalen in der Pflanzenzüchtung besonders wichtig, um künftige Ernteverluste zu minimieren.

Aurélie Bak, Senior Research Lead for Trait Development, stellt sich dieser Herausforderung: Gemeinsam mit ihrem Team identifiziert sie im KWS Gateway Research Center (GRC) Gene, die sich für die Entwicklung neuer Eigenschaften eignen. Zusätzlich entwickelt das Team Testverfahren, um die Wirksamkeit dieser Eigenschaften bei akutem Insektenbefall zu untersuchen.

Abwehrmechanismen von Pflanzen – wie gegen die Rübenmotte sind für unsere Forschung besonders interessant.

Die Entwicklung insektenresistenter Eigenschaften wird für uns immer wichtiger.

Pflanzen haben einige Asse im Ärmel

Wie setzt sich eine Pflanze gegen Insekten zur Wehr? Im Laufe der Evolution haben Pflanzen bemerkenswerte Abwehrmechanismen entwickelt: Dazu zählen beispielsweise mechanische Strategien wie Dornen, Haare oder Verholzung, aber auch die Produktion von Toxinen. Zusätzlich nutzen Pflanzen ausgeklügelte Strategien wie das Anlocken von Raubtieren getreu dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Besonders listig: Sie sind sogar in der Lage, ihre pflanzlichen Nachbarn zu warnen, damit diese bei drohendem Befall sofort ihre Abwehrmechanismen einsetzen können.

Insekten sind schwer
zu steuern.“

Aurélie Bak

Das Team: Junli Zhang, Joy Hungerford, Aurélie Bak, Qi Wang und
 Jocelyn Jackson (von links).

„Ich habe mich schon immer für die Interaktionen zwischen Pflanzen und Insekten interessiert“, erzählt Aurélie Bak. „Es ist spannend zu erforschen, wie Pflanzen, die sich nun einmal nicht bewegen können, dennoch in der Lage sind, effektiv gegen Pflanzenfresser vorzugehen.“ Wenn es um Insekten und andere Pflanzenschädlinge geht, ist Aurélie Bak eine absolute Expertin: Von Nematoden bis zu virusübertragenden Blattläusen im Zuge ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat sie Erfahrung auf vielen verschiedenen Gebieten gesammelt und zahlreiche Forschungsprojekte geleitet.

Insekten stellen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor eine einzigartige Herausforderung. Im Gegensatz zu Pflanzenkrankheiten sind Insekten mobil und können sich aussuchen, welche Pflanze sie befallen. An dieser verursachen die Insekten nicht nur direkte Fraßschäden, sondern machen die Pflanze auch anfällig für weitere Stressfaktoren wie Trockenheit. Insekten übertragen zudem häufig Erreger von infizierten auf gesunde Pflanzen und sorgen so für die Ausbreitung von Krankheiten. „Die Arbeit mit Insekten ist herausfordernder als die Arbeit mit Viren oder Bakterien“, bestätigt auch ­Aurélie Bak. „Im Rahmen unserer Versuche müssen wir die Pflanzen unter Stress setzen, um Resistenzen festzustellen, doch Insekten lassen sich nur schwer steuern. Manchmal müssen wir einfach warten, bis sie sich auf dem entsprechenden Feld zeigen.“

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Insektenresistenz: Entwicklung von Eigenschaften

Die Entwicklung insektenresistenter Eigenschaften ist ein langwieriger Prozess, der ein tiefes Verständnis der Interaktionen zwischen Insekten und Pflanzen sowie der zugrunde liegenden molekularen Prozesse erfordert. „Wir schauen uns genau an, welche Mechanismen die Pflanze von Natur aus einsetzt, um sich gegen ein Insekt zu verteidigen. Sobald wir diese Mechanismen verstanden haben, suchen wir nach den dafür verantwortlichen Genen“, erklärt Aurélie Bak. „Bei der Identifizierung solcher Kandidatengene ziehen wir zwar häufig wissenschaftliche Literatur heran, aber gerade die Zusammenarbeit mit Universitäten ist unerlässlich, um aktuelle Grundlagenforschung zu nutzen und Forschungskapazitäten zu erweitern.“ Die Abwehrmechanismen von Pflanzen sind sehr komplex und manchmal äußerst spezifisch. „Wir können nicht immer bei null anfangen, sondern nutzen ganz strategisch das vorhandene Wissen aus der Forschungscommunity“, betont Aurélie Bak.

Im Rahmen gemeinsamer Forschungsarbeit werden Kandidatengene identifiziert und anschließend einer gründlichen Analyse unterzogen.

Mithilfe verschiedener molekularbiologischer und biochemischer Methoden werden Kandidatengene in kommerziellem Pflanzenmaterial von KWS untersucht, um ihre Funktion zu verstehen und mögliche negative Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum zu bewerten.

Im Anschluss wird die Auswirkung der Gene auf die Insektenresistenz in speziellen Testsystemen geprüft. Zu diesem Zweck werden die Pflanzen den Schädlingen sowohl im Gewächshaus als auch auf dem Feld ausgesetzt.

Eine erfolgreiche Linie weist auf dem Feld eine höhere Resistenz auf, ohne dass dabei die Leistung unseres kommerziellen Hybridmaterials beeinträchtigt wird. An diesem Punkt können die Kandidatengene an die Züchtung übergeben werden.

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Interesse an mehr Informationen darüber, wie wir Pflanzen vor Insektenschäden schützen? Dann jetzt mehr über den Rapserdfloh und die Entwicklung neuer Lösungen für unsere Pflanzen lesen. |

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Was sind Insektenversuche?

Insektenversuche sind sehr anspruchsvoll und müssen auf jede Insektenart angepasst werden. Um eine Resistenz zuverlässig einschätzen zu können, ist es entscheidend, genau zu wissen, wie der jeweilige Befall zu bewerten ist. Deshalb arbeitet das Team eng mit unserer Phytopathologie-Abteilung in Einbeck zusammen und nutzt deren Wissen und Services – entwickelt aber auch eigene Testsysteme. Das GRC verfügt jetzt zusätzlich über eigene Aufzuchtmöglichkeiten für verschiedene Insektenarten.

Die Gruppe um Aurélie Bak ist außerdem bestens mit anderen KWS Bereichen vernetzt, was die abteilungsübergreifende Bedeutung des Themas Insektenresistenz unterstreicht. Schon seit einem Jahr gibt es auch eine spezielle kulturpflanzenübergreifende Taskforce für Insektenresistenz. Aurélie Bak und ihr Team treffen sich regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen F&E-Gruppen und Business Units, diskutieren aktuelle Ergebnisse und entwickeln gemeinsam Züchtungs- und Landwirtschaftsstrategien. |


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